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Diese Band verdient Unterstützung

Kreuzlingen – Drei afghanische Musiker haben in Kreuzlingen um Asyl gebeten. Mittlerweile wurden sie nach Solothurn verlegt. Dort wollen sie ihre Band «White Page» reaktivieren, sind aber auf Hilfe angewiesen. Gesucht werden Instrumente und Verstärker.

«White Page» live: Als sie im Kreuzlinger Asylzentrum lebten, gaben die Musiker ein Konzert mit geliehenen Instrumenten auf einer Studentenparty. Sie coverten auch «American Idiot» von der Gruppe «Green Day». (Bild: Tilman Rützel)

«White Page» live auf einer Studentenparty in Kreuzlingen. (Bild: Tilman Rützel)

Hojat Hameed und seine beiden Freunde Reshad Afzali und Maqsood Sadid sind Musiker mit ganzem Herzen. In ihrer Band «White Page» singen sie für Frieden und Menschenrechte, sie spielen eigene Lieder sowie bekannte Indie-Rock-, Punk- oder Progressive-Metal-Songs. Sie sehen sich auch als Botschafter der afghanischen Rockszene. Diese blüht, hat jedoch mit vielen Widerständen zu kämpfen. «Musiker und Freidenker haben es schwer», erklärt Hojat und erzählt: «Eine unserer wenigen Auftrittsmöglichkeiten existierte am Französischen Institut in Kabul. Geschockt mussten wir im Dezember 2014 zur Kenntnis nehmen, dass ein Selbstmordattentäter dort zwei Menschen tötete und mehrere verletzte – während einer Theateraufführung.»

Bassist bekam Asyl in Schweden
Zu diesem Zeitpunkt hatten die drei bereits Asyl in der Schweiz beantragt. Die umtriebigen Musiker waren auf Konzertreise mit «White Page», ihr Bassist, der vierte im Bunde, hatte bereits Asylantrag in Schweden gestellt. Für die Studenten der Musikhochschule in Kabul war es nicht die erste Auslandstour, aber ihnen persönlich die wichtigste. «Unser Drummer Reshad und ich haben schon mit einem afghanischen Orchester in den USA gespielt, in der Carnegie Hall und im John F. Kennedy Center for the Performing Arts. Das sind zwei der grössten Bühnen der Welt», berichtet Hojat. Auch in Helsinki war er schon, in der Tat als «First Afghan Rock Ambassador». «Doch das war die erste Tour mit der eigenen Band, in die haben wir die meiste Arbeit investiert. Es sollte der Startschuss für Mehr sein. Im Anschluss wäre mehrere Wochen USA gefolgt.»

Leben und Familie bedroht
Weil sie in Afghanistan um ihre Sicherheit und die ihrer Famile fürchten mussten, suchten die Mittzwanziger Schutz im Ausland. «»Wir verstehen uns nicht als politische Band. Trotzdem wirst du in Afghhanistan zwangsweise zu einer solchen», sagt der Gitarrist und Sänger. «Wir sind politische Flüchtlinge. Wir wurden bedroht, denn unsere Texte handeln von der afghanische Gesellschaft und der Situation dort nach drei Dekaden Krieg und Zerstörung. Demokratie besteht in Afghanistan nur auf dem Papier. Religion steht über dem Gesetz, Kinder werden misshandelt und Frauen vergewaltigt.»

Haus-Party in Kreuzlingen
Momentan warten Hojat, Reshad und Maqsood in Solothurn auf den Entscheid über ihren Asylantrag. «Wir durften als Freunde, als Band, zusammenbleiben», freut er sich. «Jetzt wollen wir die Band reaktivieren.» Den ersten Kontakt mit Schweizer Musikern haben sie in Kreuzlingen gehabt: Als sie im August im hiesigen Asylzentrum lebten, gaben sie ein Konzert im WG-Keller eines Studentenhauses. «Da waren ein Haufen Leute, es war toll, mal wieder abzurocken. Die Leute sind rumgehüpft und haben geschrien. Auch wenn wir als Trio ohne unseren Bassisten auf die Bühne mussten, war es toll, überhaupt mal wieder zu spielen.»

Sie lernen mittlerweile Deutsch, fühlen sich freundlich aufgenommen und wollen in Zukunft auch Lieder auf Deutsch schreiben. Bisher sangen sie auf Dari, dem afghanischen Persisch, und auf Englisch. «Es ist uns wichtig, ein neues Gesicht von Afghanistan zu zeigen, eben ein ‹Weisses Blatt›. Unser Engagement gilt dabei all den ungehörten und unterdrückten Menschen in Afghanistan. Wir tragen viel Schmerz in unseren Herzen und wollen ihnen eine Stimme geben», sagt der junge Mann.

Noch steht «White Page» viel Arbeit bevor. «Wir dürfen leider keinen Proberaum mieten und sind auf die Hilfe von Freunden angewiesen. Doch wir haben viele Pläne für die Zukunft. Unsere erste Platte soll ‹Fuck the War› heissen und wir hoffen, bald wieder daran weiterarbeiten zu können.»

whitepageafghanistan.com   

Wer kann helfen? Unter anderem suchen «White Page» einen Bass- und einen Gitarrenverstärker sowie eine Bass-Gitarre. Wer einer Rockband aus Afghanistan wieder auf die Beine helfen möchte, schreibt uns mit dem Betreff «Rockin In A Free World» an redaktion@kreuzlinger-zeitung.ch.

 

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