Zurück auf Los beim Bahnhof Bernrain
Kreuzlingen – Der Schlag sass tief. Mit dieser Vehemenz der Ablehnung des Baurechtsvertrags für den Bahnhof Bernrain hatte der Stadtrat nicht gerechnet. Doch was steckt tatsächlich dahinter?
Vergebens hatte sich Stadtpräsident Andreas Netzle gemüht, die Vorzüge des Geschäfts zu preisen, doch die Meinungen waren bereits gemacht. Mit 28 zu fünf Stimmen lehnte der Gemeinderat am Donnerstag vergangene Woche den Baurechtsvertrag für den Bahnhof Bernrain mit dem Kreuzlinger Unternehmer Manuel Miller wuchtig und in dieser Eindeutigkeit völlig überraschend ab (wir berichteten). Dabei war das klare Ergebnis zu Beginn der Sitzung noch nicht absehbar und einige Gemeinderäte hatten, wie zu erfahren war, ihre Haltung erst im Laufe des Abends geändert.
Zunächst war eine Vertragsdauer von 75 Jahren angedacht, dann aber – nach Kritik aus der vorberatenden Kommission – erklärte sich Miller mit einer Senkung der Laufzeit auf 50 Jahre einverstanden. Doch selbst das war einigen Gemeinderäten zu viel. Christian Brändli (FDP/EVP) tat sich in der Sitzung besonders hervor und sagte auf Anfrage: «Sogar fünf Jahre wären zu lang, wer weiss, was sich in dem Gebiet verkehrstechnisch und städtebaulich künftig entwickelt.» Als Präsident des Quartiervereins Emmishofen, wo sich der Bahnhof befindet, ist Brändli natürlich besonders interessiert daran, was mit dem markanten Gebäude geschieht, dem manche – wie etwa aus der CVP – keine Träne nachweinen würden.
Neben den Ablehnungsgründen Vertragsbestandteile und Konzept stand die Person des Baurechtsnehmers im Fokus. Was genau die Räte gegen Manuel Miller haben, sagten sie in der Sitzung aber kaum – auch, um Amtsgeheimnisse nicht zu verletzen. In einer Stellungnahme ging Miller von sich aus in die Offensive.
Er legte Nachweise verschiedener Amtsstellen bei, die belegen, dass sein Unternehmen allen Verpflichtungen jederzeit nachgekommen sei. Dabei ging er auch mit einigen, nicht namentlich genannten, Gemeinderäten hart ins Gericht: «Demokratische Entscheide akzeptiere ich, auch wenn sie von Personen getroffen wurden, die sich in ihrer unternehmerischen Tätigkeit durch unseren Erfolg bedroht fühlen könnten.» Klingt ein wenig nach Befangenheit, ein Schuh, der Schreinermeister Christian Brändli nicht passt: «Wenn ich jedes Mal in den Ausstand treten müsste, wenn es um Bausachen geht, könnte ich gar nicht im Gemeinderat sein.»
Für Brändli sei entscheidend, dass Millers Eventcrew GmbH nicht in der ständigen Handwerkerliste des Kantons Thurgau geführt ist. Nur dann aber könne die Firma öffentliche Aufträge annehmen. «Gleiches Recht für alle», so Brändli. Miller sagt, dass er sich erst vor einigen Wochen der Vollständigkeit halber entschlossen habe, die Aufnahme in die ständige Liste zu beantragen. «Das hatte bisher für uns keine Priorität.»
10’000 Franken sind weg
Während die erste Stellungnahme Millers noch allgemein formuliert war, wird er auf Nachfrage deutlicher und im Ton schärfer. «Ich habe Zeit und Geld verloren und werde dann noch mit Dreck beworfen.» Nach eigenen Angaben habe er in der 14-monatigen Planungsphase 10’000 Franken investiert, unter anderem, weil vom Bahnhof keine verwertbaren Pläne bestanden und diese von Grund auf hätten erstellt werden müssen. Wie sich bei der Recherche nach konkreten – nicht öffentlich genannten – Ablehnungsgründen herausstellte, sei auch eine Geschwindigkeitsübertretung aus dem Jahr 2011 negativ ins Gewicht gefallen. Ein Vorwurf, den Miller nicht abstreitet, dem er aber auch keine allzu grosse Bedeutung beimisst: «Ich und meine Firma verfügen über einen einwandfreien Leumund.«
Er ist enttäuscht, dass seine sowie die Glaubwürdigkeit seines Unternehmens «ohne jegliche Grundlage angezweifelt wurde». Mit Brändli und Fabian Neuweiler (SVP) habe er zuvor nur flüchtig, und mit keinem anderen Gemeinderat persönlich gesprochen: «Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie sie ohne mich zu kennen zu so einer Wertung über mich kommen.» Miller vermutet andere Gründe hinter der Ablehnung und spricht von «Filz», dem er nicht angehören wolle: «Ich habe nicht im Kreuzlinger Spiel, sich gegenseitig Aufträge zuzuschieben, mitgespielt.»
Neben Konkurrenzdenken sei auch Neid mit im Spiel. Als 27-Jähriger ohne Ausbildung habe er sich durch Fleiss ohne finanzielle Unterstützung innerhalb von knapp zehn Jahren eine erfolgreiche Firma mit hundert Mitarbeitern aufgebaut. «Die Eventcrew GmbH hat Referenzen, von denen andere Kreuzlinger Gewerbler nur träumen können.» Miller habe mehrere heruntergekommene Häuser erworben – darunter ehemalige Restaurants –, um aus «Schandflecken» in Eigenregie Wohnraum zu schaffen. Der gebürtige Deutsche ist sich bewusst, dass er sich mit seinen Aussagen weit aus dem Fenster lehnt, hat aber in Kreuzlingen auch nicht mehr viel zu verlieren: «Wir erwägen nach dem getroffenen Entscheid im Rahmen der Standortsuche unseren steuerlichen Firmensitz ausserhalb der Gemeinde und eventuell auch des Thurgaus zu positionieren. Dieser Schritt wird zu unserem Bedauern auch zu Änderungen in der Personalstruktur führen.» Miller sieht keinen Grund mehr zur Standorttreue: «Wir haben bisher wohl mehr am Kreuzlinger Standort gehangen als Kreuzlingen an uns.» Lediglich die Werkhallen und der aufstrebende Handwerksbetrieb sollen in Kreuzlinger Umgebung erhalten bleiben.
Stadt schreibt neu aus
Da der Baurechtsvertrag abgelehnt wurde, steht der Stadtrat jetzt wieder am Anfang. «Wir werden die Liegenschaft erneut im Baurecht ausschreiben», kündigt Stadtpräsident Netzle an. Zum dritten Mal. Aufgrund der dann eingegangenen Bewerbungen entscheide der Stadtrat, welcher Baurechtsnehmer die besten Voraussetzungen mitbringe und die zu diesem Objekt passende Nutzung vorschlage. Dann werde ein neuer Baurechtsvertrag ausgehandelt, der den teilweise neuen Anforderungen des Gemeinderats entspreche.
Kommentar von Stefan Böker zum Thema.
Ein grosses Durcheinander wird hier leider erkennbar. Viel Animositäten – unerklärt! Schwache Leistung – besonders, wie zu lesen ist, von den Räten Brändli und Neuweiler. Wie kann eine Lösung aussehen, die alle befriedigt? Zeigt doch mal Wege auf – ohne Filz!
Sehr geehrter Herr Neidhart
Bevor man einen solchen Blödsinn schreibt sollte man sich doch informieren. Ich zum Beispiel war einer der fünf Gemeinderäte die dem Bauchrechtsvertrag zugestimmt haben.
Also bitte bei den Tatsachen bleiben oder ansonsten lieber einmal einen Kommentar weniger abgeben.
Haben Sie einen Weg, der für Herrn Miller zum Ziel führen kann? Oder lassen Sie die Sache damit bewenden?
Es gibt an der Gemeinderatssitzung Fraktionsmeinungen. Fabian Neuweiler hat lediglich diese vertreten. Er selbst hat für den Baurechtsvertag gestimmt. Deshalb bitte keine eiligen Schlüsse ziehen. Danke
Tatsache ist, dass es in Kreuzlingen sehr schwierig ist, etwas Neues zu bewegen. Kreuzlingen ist eine Grenzstadt und deshalb muss Kreuzlingen vom Durchschnittsdenken wegkommen. Solange GR und SR sich nicht gegenseitig vertrauen, wird Vieles blockiert werden. Das nächste Problem scheint mit dem Parkhaus vor der Tür zu stehen. Ich bin gespannt, wie kommuniziert wird.