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Strategiewechsel im ceha!

Kreuzlingen – Im September 2009 war für Hess-Investments die Welt in Kreuzlingen in Ordnung. Damals eröffnete mit dem ceha! ein neues Einkaufszentrum. Dem Kreuzlinger Detailhandel sollte das Kaufhaus neuen Schwung verleihen. Doch die Eurokrise machte einen Strich durch die Rechnung, weshalb sich der Investor zu einem Strategiewechsel im ceha! veranlasst sieht.

Viele Kunden hatten den Modegeschäften im ceha! in den vergangenen Monaten den Rücken gekehrt, jetzt hat Hess-Investments die Reissleine gezogen und vollzieht einen Strategiewechsel. (Bild: Martens)

Viele Kunden hatten den Modegeschäften im ceha! in den vergangenen Monaten den Rücken gekehrt, jetzt hat Hess-Investments die Reissleine gezogen und vollzieht einen Strategiewechsel. (Bild: Martens)

Das Schuhgeschäft «Reno» strich bereits vor einigen Monaten die Segel, jetzt folgen mit «Blackout», «Chiccorée» und «Metro Boutique» die drei weiteren Mieter des Obergeschosses. Allerdings nicht ganz freiwillig, wie der Leiter Immobilien bei Hess Investments, Klaus Morlock, auf Anfrage bestätigt: «Wir haben mit diesen Mietern Aufhebungsverträge gemacht und wollen nicht warten, bis der bestehende Mietvertrag ausläuft.»

Da er Einblick in die Bilanzen der Läden habe und wisse, wie die Geschäfte laufen, rechne er fest damit, dass die betreffenden Firmen einen auslaufenden Mietvertrag nicht verlängern würden. «Diese Signale sind unüberhör- und unübersehbar», so Morlock, der einen «Ausverkauf im ceha!» aber nicht bestätigen kann.

Vermieter sorgt vor
Um folglich als Vermieter nicht mit leeren Händen, sprich ohne Mieter, dazustehen, musste sich Hess Investments etwas einfallen lassen und das «Problem proaktiv angehen». Bekanntlich kündigte bereits im Januar die Pädagogische Hochschule Thurgau an, das halbe Obergeschoss des Einkaufszentrums anzumieten. Ab Herbstsemester 2013/14 werden dort zusätzliche Räumlichkeiten für die Lehrerbildung bereitstehen. Auf einer Fläche von rund 1000 Quadratmetern entstehen fünf Seminarräume, ein Besprechungszimmer, ein Aufenthaltsraum für Studierende sowie Büros für die Verwaltungsdirektion der PHTG. Damit die Investitionen in den Ausbau kostenverträglich amortisiert werden können, wurde ein Mietvertrag über eine Laufzeit von zehn Jahren mit Verlängerungsoption abgeschlossen.

Die Raumnot bei der PHTG passt Hess Investments prima ins Konzept, schliesslich will sich das Unternehmen mit einer Strategieänderung im ceha! von der «Abhängigkeit von Euro und Detailhandel» lösen: «Wir haben bei unseren Überlegungen den Fokus auf die Branche Textil und Bekleidung gelegt. Da es nur fünf Minuten entfernt die gleichen Produkte 50 Prozent billiger gibt, sind diese Geschäfte am stärksten von Umsatzrückgängen betroffen», erklärt Morlock, bei dem  nicht nur ein wenig Wehmut mitschwingt, dass es so weit kommen musste. Und auch für die Restfläche ist er mit einem neuen Mieter in Verhandlung. Wer es ist oder aus welcher Branche dieser kommt, möchte Morlock aber noch nicht sagen. Immerhin so viel: «Nicht aus dem Detailhandel».

Es geht noch weiter
Damit ist Hess Investments mit seiner Neuausrichtung noch lange nicht am Ende, es gibt einen weiteren Plan. «Wenn wir im Obergeschoss fertig sind, schauen wir uns im nächsten Schritt die anderen Geschäfte im Erdgeschoss an», erklärt Morlock. Der 49-Jährige klammert jedoch schon jetzt die beiden «Frequenzbringer» Migros und Cafe Walz aus – diese bleiben unangetastet. Für alle anderen Geschäfte im ceha! beginnt jetzt aber das grosse Zittern.

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One thought on “Strategiewechsel im ceha!

  1. Bruno Neidhart

    Bereits 2009 war die Planung der Hess-Investments an dieser Stadtstelle – wenn auch ehrenwert -, doch irgendwie auch fragwürdig. „Eurokrise“, respektive „Frankenstärke“, sind nun willkommener Anlass, die (fehlgeschlagene) „Strategie“ zu wechseln, um potentere Dauermieter zu suchen. Das ist legitim. Kreuzlingen ist (noch) definitiv zu klein, um hier (als Beispiel!) ein „Lago-Imitat“ zur guten Funktion zu bringen, zumal inzwischen weiterer Gewerbeumsatz an die Stadtränder verlegt wurde (und im Mittelthurgau gar noch – überflüssiger, strukturzerstörender! – „Outlet“ droht). Da war im Zentrum die vorgängige „EPA“ sogar noch sinn- und reizvoller. Und ob die MIgros mit dem Umzug von der Konstanzerstrasse ins Zentrum richtig lag, ist auch nicht so „gottgegeben“ gewesen. Das hätte schon einen deutlich grösseren, attraktiveren Wurf im Stadtzentrum bedingt, mit – u.a. – viel mehr Parkplatzangeboten auf der Basis „Blau“, wie am ehemaligen Standort in Grenznähe, oder offen und „gratis“, wie beim „Seepark“ im Osten. Durch den Abzug „Untere Konstanzerstrasse“, inklusive Denner (Migros-Ableger) auf der anderen Strassenseite, wurde hier, am Nordende der Stadt, eine ganze Stadtteil-Infrastruktur fraglich. Vieles steht hier leer. Und rund um das neue Hochhaus an der Bahnlinie (über dessen „Einfachstarchitektur“ man übrigens diskutieren könnte!), häufen sich ebenso die Leerstellen. Gleichzeitig entstanden 2-300 Meter weiter, am Tägermoosrand, neue Einkaufsgelegenheiten mit vielen offenen Gratisparkplätzen. Was „Hess“ nun umstrukturiert, rührt allgemein wiedermal ganz konkret an der Frage, was im Zentrum geschehen muss, um hier die Attraktivität zu mehren. Die Frage darf nicht so sehr von „schwankenden Wechselkursen“ bestimmt, sondern sollte durch einen innovativen Geist geprägt sein, der ein unverwechselbares Eigenleben im Zentrum zu entwickeln vermag. Alle sind hier gefordert, mit zu denken, Ideen zu entwickeln, Investoren zu suchen, Realisierungen anzupeilen, schliesslich einen Zeithorizont zu erstellen, was wann und wie zu geschehen hätte, usw. Daran kommt man nicht vorbei. Ein „Vor-sich-hin-Dümpeln“ ist keine Antwort auf die Kreuzlinger Zukunftsmöglichkeiten. Trotz aller Widerstände unterschiedlichster Provenienz sollte diesbezüglich „ein ordentlicher Ruck“ durch die Stadt gehen.
    Bruno Neidhart, Konstanz

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