Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin!
In vielen Staaten der Erde toben bewaffnete Konflikte, nicht selten angefeuert durch Schweizer Waffenlieferungen. Können wir nicht froh sein, wenn es mutige Menschen gibt, die sich weigern auf ihre eigenen Landsleute zu schiessen, obwohl sie dadurch harten Strafen, Folter oder sogar dem Tod ausgesetzt sind? (Text: Elisabeth Hofmann)
Ein syrischer Deserteur ist ein Gegner der Diktatur. Auch Kriegsdienstverweigerer aus Eritrea lehnen es ab, sich zu Wegzeugen einer brutalen Gewaltherrschaft zu machen, setzen sich damit härtester Bestrafung aus und verdienen unsere Hilfe.
Kriegsdienstverweigerung allein, ohne Verfolgung und Gefährdung war schon bisher kein ausreichender Asylgrund. Warum braucht es also die explizite Abschaffung des Rechts auf Desertion? Das habe ich mich auch gefragt, als ich Frau Sammaruga versichern hörte, für wirklich gefährdete Kriegsdienstverweigerer ändere sich nichts. Warum also eine Gesetzesänderung? Die Antwort habe ich m Tagesgespräch im SF1 vor einigen Tagen erhalten: Asylsuchende, die wegen Kriegsdienstverweigerung verfolgt werden und bei uns Sicherheit suchen, können auch weiterhin nicht weggewiesen werden, verbleiben also in der Schweiz, gelten jedoch nur noch als vorläufig aufgenommen und haben so kaum Aussicht auf Arbeitsmöglichkeiten und Integration, müssen also trotz ihres oft traumatisierten Zustands weiter in Unsicherheit ohne Perspektive leben.
Also keine befriedigende Antwort, sondern ein Beleg, dass diese Revision nicht nur eine Verschärfung der Situation verfolgter Menschen bedeutet, sondern auch weitere Probleme für unsere Gesellschaft schafft, weil sie immer mehr prekäre Randgruppen erzeugt. Ich halte es darum mit den verantwortungsvollen Schweizern, darunter viele bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kirchen, die zum NEIN gegen die Asylsrevision am 9. Juni aufrufen, indem sie die zentralen Grundwerte der Schweiz in Erinnerung bringen.
Mehr Infos unter www.grundwerte-appell.ch.
„Der verzweifelte Aufruf“ von Elisabeth Hofmann zerschellte bekanntlich bereits zwei Tage später grandios am – so genannten – „Volkswillen“. Er war wiedermal – exemplarisch – das Resultat der vergangenen Jahre, in dem „Asyl“ und „Ausländer“ zu „Reizwörtern“ mutierten. Durch das bekannte „Plakatieren“ vor jedem Dorf, vor jeder Stadt, Land auf, Land ab, hat sich sogar vielerorts eine Art „Salonfähigkeit nationalgestrickter Gedankenströme“ eingestellt. Die Quelle ist bekannt! „Flucht“ wird in unserer – im Wortsinn – „ver-rückten Welt“ aber ein Zeichen bleiben. Die Welt bewegt sich. Dazu sind die politischen Verhältnisse in vielen Staaten zu unsicher, zu diktatorisch mit allen Auswüchsen für Andersdenkende, zu viel Krieg, zu viel Leid, zu viel Armut. Einem „superreichen Land“, wie der Schweiz, steht es gut an, nicht „falschen Propheten“ aufzusitzen und stets so zu handeln, wie es der – ach so oft erwähnten – „humanitären Tradition“ zu entsprechen vermag. Für die Politik ist das stets eine Gratwanderung, immer dem Absturz nahe. Eine einfache Lösung gibt es nicht. Manche meinen es zwar. Sie irren.