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Wer Aufsicht will, muss zahlen

Kreuzlingen – Die Primarschulen halten ihren Schwimmunterricht bei schönem Wetter im Schwimmbad Hörnli ab und bezahlen dafür jährlich 10000 Franken. Schön für die Schüler: Wer will und die Erlaubnis seiner Eltern hat, bleibt nach dem Unterricht einfach in der Badi. Dafür muss aber extra Eintritt gezahlt werden.

Das Hörnli ist vor allem bei Kindern sehr belibt. (Bild: Archiv Martens)

Das Hörnli ist vor allem bei Kindern sehr beliebt. (Bild: Archiv Martens)

Es sieht aus, als habe André Troll am vergangenen Donnerstag schlafende Hunde geweckt. Der FDP-Gemeinderat berichtete von einem Schild, dass neuerdings am Hörnli-Eingang hinge und darauf aufmerksam mache, dass Schülerinnen und Schüler das Bad nach dem Schwimmunterricht wieder verlassen und für den Neueintritt extra berappen müssen. «Wieso das?», fragte Troll. «Bis anhin genügte meine Unterschrift, damit meine Kinder länger bleiben durften. Sie mussten keinen Eintritt zahlen.» Er bat beim Stadtrat um Abklärung, ob es da etwa eine neue Regelung am Schwimmbad gebe. Auch andere Eltern hätten sich deswegen gewundert, so Troll auf Anfrage.

Es gab keine Änderung
Die Regelung ist indes seit Jahren dieselbe, sagt Genossenschaftssprecher Jürg Schlatter – wenn sie denn korrekt eingehalten wird. «Während dem Schwimmunterricht hat der Lehrer die Aufsichtspflicht. Er geht mit der Klasse hinein und nimmt alle Schüler nach dem Unterricht in globo wieder mit hinaus.» Eigentlich hätten die Lehrpersonen sogar die Pflicht, die Schulklasse erst am Schulhaus zu entlassen.

Diesen unnötigen Weg zur Lehranstalt zurück können Eltern jedoch umgehen, indem sie dem Lehrer per Unterschrift die Vollmacht geben, die Kinder am Schwimmbad zu verabschieden. «Wenn sie dann privat mit der Erlaubnis der Eltern zurück ins Bad wollen, müssen sie Eintritt zahlen.» Ist das nun ein «doppeltes Abkassieren»? «Mir gefällt dieser Ausdruck überhaupt nicht», wehrt sich Genossenschaftssprecher Schlatter gegen die Formulierung. Aber einfach ein Auge zudrücken, liegt auch nicht drin. «Eine Kulanzlösung wäre allen anderen gegenüber nicht gerecht, die Eintritt zahlen.» Ausserdem habe das haftungsrechtliche Gründe, verdeutlicht Schlatter. Es gehe um die Verantwortungsübergabe.

Einer, für den das nur allzu verständlich tönt, ist Felix Lenz. «Wer Eintritt zahlt, für den sind wir verantwortlich», so der Chefbademeister vom Hörnli. «Das ist schon immer so gewesen. Auch in allen anderen Bädern, in denen ich bisher gearbeitet habe, wird das so angewandt.» Ein Schild sei deswegen nie nötig gewesen, auch jetzt hängt keines am Eingang. «Die meisten einheimischen Schüler haben ohnehin eine Saisonkarte», sagt Lenz. Er kennt die Unterschriften-Regelung, beurteilt sie aber als mangelhaft, da «eher pro forma», vielmals würde die elterliche Signatur von den Schülern einfach gefälscht. Die Unterschrift der Eltern berechtige keines Falls zum freien Eintritt.

Verantwortungsfrage wichtiger …
Fakt ist, dass die Schule Kreuzlingen dem Schwimmbad Hörnli vor Jahren bei der Sanierung mit 100000 Franken unter die Arme griff. 10000 Franken werden seitdem jährlich als pauschaler Preis für die Zeit des Schwimmunterrichts gezahlt, vertraglich geregelt. Die nun geführte Diskussion habe es schon vor Jahren gegeben, sagt Schulpräsident Jürg Schenkel und betont: «Von Seiten der Behörde gibt es keine vorgeschriebene Regelung.» Er bestätigt aber, dass Eltern ihre Kinder per Unterschrift vom unnötigen Busweg zurück zum Schulhaus befreien konnten. Möglicherweise werde dies von Schulhaus zu Schulhaus, von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich gehandhabt. «Da dies operativ ist, gelangt bei uns nichts an. Ob sich die handelnden Personen ihrer Verantwortung bewusst sind, kann ich nicht sagen.» Er habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten sich dieser erst bewusst würden, wenn sie zur Verantwortung gezogen werden.

… als Preisfrage
Dass allerdings um den Eintritt eine Diskussion gemacht wird, sei «beinahe lächerlich», findet Schenkel. Und selbst wenn jemand der Meinung sei, der Pauschalpreis, den die Schule entrichte, würde genügen, dass Schüler im Anschluss gratis im Bad bleiben dürfen: «Wie soll das gerecht und einheitlich umgesetzt und kontrolliert werden? Was sollen Schüler tun, die nach dem Schwimmunterricht Schulstunden haben, dann aber wieder zurück ins Bad wollen? Was ist mit Schülern, die an dem Tag gar keinen Schwimmunterricht hatten?», fragt der Schuldpräsident. Es gebe wichtigere Fragen, die diskutiert werden sollen. Deswegen sieht Schenkel keinen Handlungsbedarf. «Wir haben für den Schwimmunterricht bezahlt.» Letztendlich obliege die Eintrittspolitik des Hörnli der Genossenschaft.

Gemeinderat André Troll bleibt bei seiner Meinung: «Eine Unterschrift sollte genügen, dass die Kinder nach dem Unterricht einfach in der Badi bleiben können.» Es handle sich sowieso um Ausnahmefälle, «das kommt vielleicht vier Mal im Jahr vor.» Es gehe ihm auch nicht um die paar Franken, die der Eintritt koste. «Es geht ums Prinzip und es sollte einheitlich geregelt sein.»

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