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Vignette soll 100 Franken kosten

Thurgau – Die Fahrt auf Schweizer Autobahnen soll ab dem Jahr 2015 teurer werden: Um den Ausbau des Nationalstrassennetzes zu finanzieren, soll die Vignette bald 100 statt 40 Franken kosten. Das letzte Wort hat aber das Volk – es wird am 24. November an der Urne über die Vignetten-Preiserhöhung befinden.

Vielleicht kostet die Autobahnvignette bald 60 Franken mehr. (Bild: kb)

Vielleicht kostet die Autobahnvignette bald 60 Franken mehr. (Bild: kb)

Die Schweizer Autobahn-Vignette ziert zahlreiche Windschutzscheiben – nicht nur die der Autos hierzulande, sondern auch die vieler Urlauber aus dem Ausland. 40 Franken kostet der bunte Aufkleber derzeit noch für ein ganzes Jahr. Ab 2015 soll der Preis aber auf 100 Franken steigen. Für Kurzaufenthalter ist eine Zweimonatsvignette für 40 Franken angedacht.

Ziel von Bundesrat und Parlament ist es, 400 Kilometer kantonale Strassenabschnitte ins Nationalstrassennetz aufzunehmen und finanzieren zu können. Durch die Vignetten-Preiserhöhung wird mit Mehreinnahmen von rund 300 Millionen Franken pro Jahr gerechnet.

Betrag ist verkraftbar
60 Franken Aufschlag? «Ein verkraftbarer Beitrag», gab Bundesrätin und Verkehrsministerin Doris Leuthard Anfang der Woche den Medien bekannt. Sie erachtet die Erhöhung als notwendig, um die kantonalen Strassen ins Nationalstrassennetz einzugliedern. Das hätte ihr zufolge den Vorteil, dass viele Regionen besser erschlossen und mit Umfahrungen entlastet werden könnten. «Bei einem Nein müssten wir auf viele Verbesserungen verzichten.»

Für Doris Leuthard ist die Erhöhung des Vignetten-Preises zudem eine sinnvolle Massnahme, damit auch ausländische Automobilisten sich am Ausbau beteiligen.

Für sichere Strassen
Für die teurere Vignette spricht sich auch das bürgerliche Komitee «Ja zur Vignette» aus. «Das heutige Nationalstrassennetz basiert auf der Grundlage von 1960», argumentiert das Komitee. «Seither hat sich die Schweiz stark gewandelt. Es ist deshalb nötig, neu entstandene Lücken im Nationalstrassennetz zu stopfen, um den Verkehr zwischen den Regionen zu erleichtern.» Mit der Übernahme von kantonalen Strassen durch den Bund würden diese aufgewertet, der Verkehr flüssiger und sicherer werden, so das Komitee weiter. Es ist sich sicher: «Der Übertrag der Strassen auf den Bund garantiert weiter, dass wichtige Neubauprojekte umgesetzt werden können.»

Gegner ergriffen Referendum
Doch nicht jeder zeigt sich überzeugt von der teureren Autobahnvignette. So wurde von Gegnern der Preiserhöhung das Referendum dagegen ergriffen. Ihr Credo: «Nein zu immer mehr Abgaben, Gebüren und Steuern auf dem Buckel des Privatverkehrs.»

Um eine Volksabstimmung zu erreichen, benötigte das Komitee «Nein zur 100-Franken Autobahnvignette» mindestens 50’000 beglaubigte Unterschriften. Weit über 100’000 Signaturen konnte das Referendumskomitee unter der Führung von SVP-Vertretern schliesslich sammeln und im Sommer einreichen. Damit stand es fest: Das Volk wird entscheiden, ob die Autobahnvignette statt 40 Franken 100 kosten soll.

«Erhöhung nicht tragbar»
Das Referendumskomitee begründet die Ablehnung der Preiserhöhung unter anderem damit, dass der Bund jährlich 9,5 Millionen Franken durch den Privatverkehr einnehme. Dieser könnte damit finanziert werden. 70 Prozent der Gelder würden aber «zweckentfremdet», so das Komitee. Die Gelder der Auto- und Motorradfahrer flössen mehrheitlich in die allgemeine Bundeskasse und in den öffentlichen Verkehr. Zudem gibt das Referendumskomitee zu bedenken, dass gerade für Betriebe im Aussendienst, Gewerbe und Versicherungen, welche auf das Auto angewiesen sind, eine Vignette für 100 Franken nicht tragbar sei. «Diese Mehrausgaben würden auf den Konsumenten abgewälzt», heisst es von Seiten des Komitees. «Für Unternehmen mit einem grossen Autobestand hätte eine Autobahnvignetten-Erhöhung von 150 Prozent massive Kostenfolgen.»

Des Weiteren kritisieren die Gegner, dass Leute aus dem Ausland, welche die Autobahnen lediglich nutzen, um die Schweiz zu durchqueren, die Möglichkeit bekommen, für 40 Franken eine Zwei-Monats-Vignette zu kaufen. Das Komitee sieht die Ausländer damit gegenüber den Schweizern bevorzugt. Schliesslich gebe es auch genügend Schweizer, welche nur selten auf der Autobahn fahren – sie aber müssten dann trotzdem die Vignette für 100 Franken kaufen.

Autoverbände sind dagegen
Nicht erfreut über die Pläne von Bundesrat und Parlament, den Vignetten-Preis um 60 Franken zu erhöhen, sind auch die beiden grossen Schweizer Autoverbände TCS (Touring Club Schweiz) und ACS (Automobil Club der Schweiz). In einer Medienmitteilung fordert der TCS einen  «Strassenfonds» in der Bundesverfassung. Nur so könne sichergestellt werden, dass die zusätzlichen Einnahmen für die Finanzierung der Strasse verwendet werden. Ausserdem, so schreibt der TCS weiter, bestehe keine Dringlichkeit einer Vignetten-Preiserhöhung, da in den Staatskassen noch Rückstellungen von 3,8 Milliarden Franken vorhanden seien. «Der Netzbeschluss könnte ohne Weiteres in Kraft gesetzt und die damit verbundenen Projekte mit den heutigen Einnahmen und Reserven realisiert werden, bis das zukünftige Entwicklungsprogramm der Strasseninfrastruktur zum Tragen kommt», so der TCS.

Dagegen trotz BTS/OLS
ACS Thurgau-Präsident Remo Michel sagt: «Wir sind gegen eine Erhöhung auf 100 Franken. Wir sind zwar klar für den Bau des Strassenprojektes Bodensee-Thurtalstrasse (BTS) und Oberlandstrasse (OLS), doch sind wir auch der Meinung, dass deren Finanzierung anders gesichert werden muss.» Auch für ihn steht fest, dass ein «Strassenfond» die geeignete Lösung wäre, so wie es einen Fonds zur Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (Fabi) gibt.

Das Volk entscheidet
Am 24. November, liegt es also beim Volk, ob die Autobahnvignette ab 2015 100 Franken kosten soll. Nur bei einem Ja für die Vignetten-Vorlage, kann dann auch der Bundesrat die Erweiterung des Nationalstrassennetzes in Kraft setzen – denn beide Punkte wurden miteinander verknüpft.

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