Wo wenige befehlen
Kreuzlingen – Am 18. Dezember wurde dem Grossen Rat von einer Beschwerde vor Bundesgericht gegen neue Kunstmuseumsbauten in Ittingen berichtet. Wie erwartet, hatte jemand den Mut, die fragwürdige Mauschelei rechtlich anzugehen, die Regierung und Parlament (zähneknirschend, so GFK-Präsident Senn) durchgewunken hatten. (Text: Peter Dransfeld, Ermatingen, Kantonsrat SP)
Hätte man an der Budgetsitzung den Mut für einen Notstop gehabt (dazu fehlten 13 Stimmen), dann könnten wir jetzt vorwärtsblicken, in konstruktive und faire Verhandlungen zwischen Kartause und Kanton treten und uns auf ein Museum freuen, hinter dem auch das Volk steht (das man bisher grosszügig umging).
Stattdessen knickte man ein vor einigen mächtigen Leuten, was nicht nur die Glaubwürdigkeit unseres Gemeinwesens trübt, sondern nun auch die Aussichten, bald neue Museumsräume zu erhalten.
Dass Kritikern aus Parlament und Presse offenbar gedroht wurde, schafft kaum neues Vertrauen, ebensowenig, dass unser Grossratspräsident auf Anfrage vier Wochen benötigt, um herauszufinden, ob er uns gewöhnlichen Kantonsräten eventuell verraten will, wer und was hinter der Beschwerde steht.
Wo nur wenige befehlen und viele kuschen, kommt halt nicht nur Gescheites heraus. Wünschen wir uns Volksvertretern im neuen Jahr etwas mehr Mut, das Volk zu vertreten, das uns gewählt hat.
Glaube nicht, dass „das Volk“ die geeignete Instanz ist, erklären zu können, wo Museumsbauten stehen sollen. Das ist schon eine Sache für kulturkompetente Personen aus dem Rat in Verbindung mit Initiativen aus denkbaren Standortgemeinden, sowie privaten Initiativen mit all ihren zukunftsorientierten Vorstellungen im Kulturellen. Die Ideen müssen überzeugen und realisierbar und bezahlbar sein. Dann macht auch „das Volk“ mit. In diesem Zusammenhang: Neue, interessante, realisierte Initiativen „änet dä Gränze“ zu besichtigen: Museum Art & Cars in Singen, Museum Ravensburg (Bau bereits architektonisch ausgezeichnet!). „Das Volk“ freut sich sehr darüber.
Lieber Herr Neidhart, gehören – Ihrer Meinung nach – „kulturkompetente Personen“, Ratsmitglieder und Mitglieder von „Initiativen aus denkbaren Standortgemeinden, sowie privaten Initiativen“ nicht zum Volk? Und wieso wäre das Volk kompetent genug, um mitzumachen, wenn diese von Ihnen aufgeführten Leute entschieden hätten, nicht aber im Vorfeld der Entscheidung? Ist es nicht sinnvoller, erst zu diskutieren, dann das Volk entscheiden zu lassen (das ja schlussendlich bezahlt) und dann zu bauen? Wenn es um Fragen wie den Bau einer PH, einer Kantonsschule oder eines Bushofes oder einer Schwimmhalle geht, funktioniert diese Reihenfolge doch auch. Wieso sollte sie ausgerechnet bei einem Museum nicht funktionieren?
Wer soll denn „kompetent“ über „Kultur“ diskutieren, wenn nicht die von mir angesprochenen Personenkreise? „Das Volk an sich“, das sich in der Regel leider sehr oft an Stammtischen „über den Tisch“ ziehen lässt, empfinde ich – mit Verlaub – nicht die richtige Adresse in dieser Causa. Wenn sich die von mir erwähnten Kreise „im Vorfeld“ nicht zweckorientiert gemeldet haben – sowohl im Rat, wie auch im Privaten – , muss man sich nicht wundern, wenn alles schief zu laufen droht. Und sollte dann schlussendlich doch noch eine passable Vorlage zur Abstimmung kommen, kann es tatsächlich immer noch passieren, dass besonders über das Argument „Kosten“, weniger über das „Inhaltliche“, entschieden wird. Das ist ein Problem der direkten Demokratie ganz allgemein: Es braucht stets Glück, bewusst in die Zukunft denken und handeln zu können. Verharren ist viel einfacher – auf Dauer jedoch trügerisch.