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Sie hängen an ihren Glocken

Kreuzlingen – Die Glocken der evangelischen Stadtkirche werden bald wieder den nächtlichen Stundenschlag erklingen lassen. Dies entschieden die Stimmberechtigten am Montagabend. Beim Abendmahl gibt's weiterhin Wein und Traubensaft. Die neue Gottesdienstregelung hingegen wurde einstimmig angenommen.

Diese Glocken schlagen bald wieder zu jeder Viertelstunde. (Bild: sb)

Diese Glocken schlagen bald wieder zu jeder Viertelstunde. (Bild: sb)

Traditionalisten atmen auf, vom nächtlichen Glockenschlag Geplagte müssen diesen auch weiterhin ertragen: Mit knappem Ergebnis schickten die Stimmberechtigten ihre neue Läutordnung bergab. 28 von 72 Anwesenden wären dafür gewesen, von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens den Stundenschlag zu unterbrechen – zu wenig. Die Mehrheit machte damit deutlich, dass der Stundenschlag für sie eben auch «Tradition hat», genauso wie das liturgische Läuten.

Vor allem Menschen, die im Gebiet zwischen evangelischer Stadtkirche und St. Ulrich wohnen, fühlen sich durch die beidseitige, nicht synchrone Beschallung in der Nacht gestört. Die Glocken schlagen alle Viertelstunde. Da die evangelische Stadtkirche aktuell renoviert wird und nächtens still ist, war für Kirchenpräsidentin Susanne Dschulnigg der richtige Zeitpunkt gekommen, um über das brisante Thema abzustimmen. Den erhofften Zulauf an der Kirchgemeindeversammlung brachte das Traktandum indes nicht.

Muss nicht an die Urne
Für Rägäbogä-Gemeinderat Christian Forster der Grund, einen Antrag zu stellen: An der nächstmöglichen offiziellen Urnenwahl sollte über das Läuten abgestimmt werden, um mehr Menschen am Entscheid zu beteiligen. Zusammen mit dem Zusatz, den Antrag auch auf die Kirche Kurzrickenbach auszudehnen, versagte die Gemeindeversammlung diesem Ansinnen mit 35 Nein- gegenüber zehn Ja-Stimmen die Zustimmung.

Gespalten zeigten sich die Gemeindeversammlung auch in Bezug auf die Abendmahlsregelung. Den Antrag der Vorsteherschaft, nur noch Traubensaft auszuschenken, fanden die einen «total sinnvoll», andere bezeichneten die bestehende Regelung mit Wein und Saft als «die beste und demokratischste Lösung». Selbst die Vorsteherschaft sei in dieser Frage nicht einig, liess Susanne Dschulnigg durchblicken. Dies spiegelte sich im knappen Abstimmungsergebnis wider: 29 Ja- zu 32 Neinstimmen.

Die neue Gottesdienstordnung besteht aus sieben Leitsätzen. Kirchenpräsidentin Dschulnigg hob zunächst den ersten hervor: «Wir sind eine Gemeinde mit zwei Gotteshäusern.» An zwei Orten gleichzeitig denselben Gottesdienst abzuhalten, mache daher keinen Sinn. «Theoretisch könnten wir eine Kirche verkaufen», formulierte sie überspitzt. Erklärungen benötigte allein das Prinzip «Generationsübergreifende Gottesdienste werden gefördert», bevor die neue Gottesdienstordnung von den Stimmberechtigten einstimmig angenommen wurde.

Einstimmig wurden auch die neuen Rechnungsrevisoren Hans-Jörg Held und Walter von Wietersheim gewählt. Ihre Arbeit wird zukünftig durch eine externe unabhängige Kontrollstelle erleichtert. «Ein gutes Modell, das auch von der Stadt angewendet wird», meldete sich Gemeinderat Christian Forster zu Wort.

Die bisherigen und die neu angetretenen Synodalen Peter Gysler, Christian Hauser und Martina Brendler wurden danach mit guten Ergebnissen gewählt.

Kirche wird wärmer
Unter «Verschiedenes» informierte Kirchenpräsidentin Susanne Dschulnigg zur Kirchenrenovation. Bei Gottesdiensten in der Stadtkirche werde die Temperatur von vielen als zu kalt empfunden. Die Kirche wird zwar saniert, aber nicht energetisch. Die Vorsteherschaft ergreift nun Massnahmen und wird versuchsweise statt Normtemperatur 16 Grad auf 18 Grad heizen. Zudem besteht die Möglichkeit, beheizbare Kissen zu nutzen. Keine weiteren Massnahmen erfordern hingegen die Glockenschwingungen. Dies ergaben neue Messungen. Für Rollstuhlfahrer wird im Zuge der Sanierung auch eine Systemrampe installiert. Ansonsten liege man «gut in der Zeit» mit den Arbeiten.

Unter dem Traktandum «Mitteilungen» wiesen die Pfarrer Gunnar Brändler und Damian Brot auf verschiedene Veranstaltungen hin, auf die sich die Kirchbürger im 2014 freuen dürfen. Annika Jordi, die sich am 9. Februar zur Wahl in die Kirchenvorsteherschaft stellen wird, stellte sich der Gemeinde vor.

Kritische Fragen an Pfarrer
Eine Kirchbürgerin äusserte Befürchtungen, das Projekt «Abenteuer Alltag» weise sektiererische Tendenzen auf und habe die Aufsplittung in Kleingruppen zur Folge. Dem traten beide Pfarrer entschieden entgegen: «Wir versuchen, wo es geht Brücken zu bauen – das ist alles andere als sektiererisch», sagte Damian Brot. Gunnar Brendler pflichtete ihm bei: «Wir wollen möglichst vielen Zugang zum Evangelium ermöglichen, ein Haus mit vielen Türen sein.» So reagiere man auf den Umbruch, der heute allerorten, nicht nur hier in der Gemeinde, stattfinde.

Ja zum Budget
Der Voranschlag 2014 mit einem Ertragsüberschuss von 124757 Franken wurde ohne Gegenstimme angenommen, ebenso der gleichbleibende Steuerfuss von 15 Prozent. Kritische Fragen riefen Posten hervor, die deutlich mehr Aufwand als in Rechnung 2012 oder Budget 2013 verzeichneten. Ein Kirchbürger fragte sich laut, ob nicht eine Steuersenkung angezeigt sei.

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