Fair, sozial und nachhaltig
Kreuzlingen – Mit ihrem Postulat beauftragten die Gemeinderätinnen Charis Kuntzemüller und Nina Schläfli im Dezember den Stadtrat, das Beschaffungswesen der öffentlichen Hand auf Fairness und soziale Nachhaltigkeit zu prüfen. An der vergangenen Gemeinderatssitzung begründete Kuntzemüller den Vorstoss.
Die Gemeinderätinnen Charis Kuntzemüller und Nina Schläfli (beide SP/GEW/JUSO) wollen den Stadtrat dazu verpflichten, die Bestimmungen der Kern-Übereinkommen der Internationalen Arbeits-Organisation (IAO) einzuhalten – beispielsweise, wenn Waren billig im Ausland eingekauft werden.
Kuntzemüller zählte an der Gemeinderatssitzung auf, was das alles sein kann: Von Steinen für den Strassenbau, über Computer und andere Arbeitsgeräte bis hin zu Tee und Kaffee beschafft die Gemeinde eine Vielzahl von Dingen. Schattenseiten seien menschenverachtende Arbeitsbedingungen, unter denen diese Güter hergestellt werden, etwa ausbeuterische Löhne, 80-Stunden-Wochen, Kinderarbeit.
Vorbildfunktion wahrnehmen
Die Kernarbeitsnormen der IAO verbieten diese. Würde die Stadt sich zur Einhaltung derselben verpflichten, könne sie dreierlei bewirken, begründete Kuntzemüller ihren Vorstoss. Zum einen leistet die Exekutive damit einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung, zum anderen nimmt sie ihre Vorbildfunktion war und stärkt die Nachfrage nach fair produzierten Gütern. Schussendlich kommt es auch den lokalen Leistungserbringerinnen zu Gute, werden sie von der Stadt berücksichtigt und unterstützt.
Verbesserungspotential ist da
Hintergrund war das im November 2013 veröffentlichte Gemeinderanking von Solidar Suisse. Aus diesem geht hervor, dass die Stadt Kreuzlingen entwicklungspolitische Projekte zwar unterstützt, im Vergleich zu anderen Gemeinden dabei aber im Mittelfeld liegt – ganz ok also. Grosses Verbesserungspotential entdecken Kuntzemüller und Schläfli ausserdem bei der sozial nachhaltigen Beschaffung. Damit übe die Stadt auch Einfluss auf Betriebe aus.
So läuft der parlamentarische Vorstoss ab: Ein Postulat ist ein Auftrag an den Stadtrat. Er muss prüfen, ob in dieser in seinen Aufgabenbereich fallenden Angelegenheit eine Massnahme getroffen werden muss. An der Gemeinderatssitzung am 20. März muss der Stadtrat schriftlich Stellung dazu nehmen und Annahme oder Ablehnung beantragen. Das Postulat ist angenommen, wenn ihm der Rat zustimmt. Innert sechs Monate erstattet der Stadtrat dann noch abschliessend Bericht.
Wirkungsvollstes Instrument
Für ihr Anliegen sei das Postulat das «wirkungsvollste Instrument», betont Gemeinderätin Schläfli auf Anfrage. «Sowohl Stadt- als auch Gemeinderat können sich dazu äussern und die Bearbeitungszeit ist im Vergleich zu einer Motion kürzer.» Im Falle einer Ablehnung durch den Gemeinde- oder Stadtrat halten sich die beiden Gemeinderätinnen so zudem die Möglichkeit eines weiteren Vorstosses, etwa einer Motion offen. Bei Annahme durch den Gemeinderat bestehe für den Stadtrat zwar keine Pflicht zur Umsetzung, erklärt Schläfli. «Es würde unserem Anliegen aber an Gewicht verleihen.»