Partydrogen – Ein gefährlicher Ausflug aus der Wirklichkeit
Wer Bier oder Schnaps trinkt, kann sicher sein, dass er Bier oder Schnaps trinkt. Bei anderen Partydrogen wie Speed oder Ecstasy ist das nicht der Fall. Alexander Bücheli von der Beratungs-Plattform Saferparty.ch erklärt im Interview, warum versteckte Substanzen in Pillen und Pulver nur eine der Gefahren beim Konsum darstellen und warum wir keine Angst haben müssen, dass legal im Internet käufliche Substanzen die klassischen Partydrogen verdrängen.

Denn sie wissen nicht, was sie einwerfen: Ecstasy (MDMA) wird meist in Pillenform verkauft. 2013 enthielten 20 Prozent der vom DIZ kontrollierten Pillen unerwartete Inhaltsstoffe. (Bild: zvg)
Herr Bücheli, was hat sich beim Drogenkonsum hierzulande in den letzten 15 Jahren stark verändert?
Alexander Bücheli: Grundsätzlich kann der Konsum illegaler Drogen in der Schweiz in seiner Gesamtheit als stabil bezeichnet werden. Die wichtigsten Veränderungen waren die Zunahme des Kokain- und Cannabiskonsums und die Abnahme des Heroin- und Ecstasykonsums.
Wer Ihr Beratungsangebot nutzt, füllt meist einen anonymen Fragebogen aus. Welche Drogen werden, abgeleitet von dieser Erhebung, heute als Partydrogen konsumiert?
Alkohol ist und bleibt die beliebteste Partydroge, danach kommt Tabak und Cannabis. Nur für eine Minderheit der PartygängerInnen sind Ecstasy, Kokain oder Amphetamine ein Thema. Der Konsum von Neuen Psychoaktiven Substanzen (NPS) spielt in der Partyszene keine Rolle. 0,5 Prozent der von uns Befragten gaben 2012 an, eine NPS im Rahmen einer typischen Partynacht zu konsumieren. Im Vergleich dazu: 21,1 Prozent gaben an Kokain, 25,6 Prozent Amphetamin, 44,4 Prozent Cannabis und 79,2 Prozent Alkohol im Rahmen einer solchen Nacht zu sich zu nehmen.
Was versteht man unter dem Begriff «Neue Psychoative Substanzen»?
Chemische Verbindungen oder Pflanzen (oder Mischungen), deren «Drogenpotential» erst in den letzten Jahren entdeckt worden sind. Gewisse chemische Verbindungen sind schon lange bekannt. Die meisten werden über das Internet verkauft.
Verdrängen diese «Legal Highs» die klassischen Partydrogen?
Nein. Die bekannten scheinen vom Wirkprofil her auszureichen. Es gibt keine neue chemische Verbindung, die den Anschein macht, zukünftig eine wichtige Rolle als Freizeitdroge zu spielen. Natürlich kann dies nie ganz ausgeschlossen werden. Neben dem Wirkprofil gilt es auch zu bedenken, das diese Substanzen meist über das Internet verkauft werden und dass es anonymer ist, seine Substanz im privaten Umfeld, bei Freunden zu beziehen. Anonymität stellt bei Freizeitdrogenkonsumenten ein wichtiges Bedürfnis dar.
Wer konsumiert die Partydrogen?
Den typischen Freizeitdrogenkonsumenten gibt es nicht. Unsere Angebote werden von Menschen zwischen 15 (was eine Ausnahme ist) bis zu 71 Jahren genutzt. Das Durchschnittsalter liegt bei 29 Jahren. Die meisten BesucherInnen sind zwischen 18 und 30 Jahre alt. Es gibt Arbeitslose, Firmenbesitzer, Hausfrauen und Studenten, welche zu uns kommen. Tendenziell sind die Konsumierenden schon eher jung, zwischen 18 und 30 Jahre und eher männlich.
Warum nehmen sie Drogen?
Der Hauptgrund ist die Wirkung. Alkohol beispielsweise weist ein Wirkpotential auf, welches sehr gut zu einer Partynacht passt. Es macht lockerer und enthemmt. Danach spielen auch das Image, die Erhältlichkeit und der Preis eine Rolle. Es geht meist darum, einen unvergesslichen Moment zu erleben, an welchen man sich wieder erinnert. Es geht auch darum, vom Alltag abschalten zu können. Der Mensch scheint ein gewisses Bedürfnis nach Rausch zu haben, weshalb berauschende Substanzen, seit der Mensch auf der Welt ist, konsumiert werden. Der Konsum psychoaktiver Substanzen sollte dabei möglichst keine Nebenwirkungen auf den Alltag, den Beruf, haben.
Warum ist der Konsum gefährlich?
Es gibt keinen Drogenkonsum ohne Risiko. Dieser kann sowohl zu akuten als auch zu körperlichen Risiken führen. Diese sind stark abhängig von der Substanzzusammensetzung, der persönlichen Konstitution (körperlich und psychisch) und dem Umfeld, in welchem konsumiert wird. Die verschiedenen Substanzen weisen ein unterschiedliches Abhängigkeitspotential auf. Umso exotischer eine Substanz ist, z.B. NPS, desto schlechter lässt sich das Konsumrisiko abschätzen, da nur wenige Informationen zu Wirkung, Nebenwirkung und Langzeitfolgen bekannt sind. Hinzu kommt, dass bei illegalen Substanzen, aber auch bei NPS, die Substanzzusammensetzung und die Reinheit nicht bekannt sind, was wiederum eine Risikoebene darstellt.
Welche Drogen verursachen die meisten Probleme?
Alkohol. Dabei gilt es auch zu bedenken, dass dieser die am häufigsten konsumierte Substanz ist. Es handelt sich um Intoxikationsprobleme und um durch Alkohol beeinflusste Handlungen (Gewalt, Vandalismus). Bezüglich des Handelns stellt auch Kokain ein Problem dar, vor allem in Kombination mit Alkohol. Generell führt der Mischkonsum immer zu einer Risikosteigerung und verursacht die meisten Probleme.
Warum ist das Angebot von Saferparty.ch deswegen enorm wichtig?
Es bietet Freizeitdrogenkonsumenten einen niederschwelligen Zugang zu Beratung und Information, basierend auf Fakten. Im Drug Checking (Substanzanalyse) sehen die KonsumentInnen einen sehr hohen Nutzen: Da sie die Produkte entweder auf dem Schwarz- oder Graumarkt gekauft haben, besteht ein Bedarf danach zu wissen, was wirklich in diesem Produkt enthalten ist. Daraus entsteht eine Vertrauensbasis, auf welcher Beratung einfacher möglich ist. Wichtig ist die Kombination der Angebote – ein Drug Checking sollte immer in Zusammenhang mit einer Beratung stehen, dazu gehört auch die sorgfältige Erklärung der Analyseresultate. Dank diesen können präventive Botschaften mit Fakten unterlegt werden, solche erzielen eine grössere Wirkung als reine Botschaften. Die in Zusammenhang mit unserem Angebot kontinuierlich erhobenen Daten mittels Fragebogen zeigen, dass der problematische Mischkonsum seit 2001 um 20 Prozent abgenommen hat (innerhalb der erreichten Zielgruppe). Dies deckt sich mit unserer Praxiserfahrung die zeigt, dass Freizeitdrogenkonsumenten in der Stadt Zürich heute besser informiert sind als früher. Hinzu kommt, dass Dank den Analysen und der Fragebogenbefragung Daten generiert werden können, die helfen, den Konsum in der Stadt Zürich besser einzuschätzen und somit für die Weiterentwicklung von Angeboten und ein Substanzmonitoring eine wichtige Grundlage darstellt. Und zu guter Letzt stärken dieses Wissen und die Substanzwarnungen auch die öffentliche Gesundheit.