Die Ausnützung von Bauten verbessern
Frauenfeld – Thurgauer Hauseigentümerverband präsentiert Studie über Geschossflächenziffer.
Das Land für Wohneigentum im Thurgau wird immer knapper. Bauverdichtung lautet das Zauberwort. Doch nun verdichten sich die Hinweise, dass die Umsetzung von neuen Gesetzen nicht zu Verbesserungen, sondern sogar zu Verschlechterungen bei der Ausnützung führt. Der Hauseigentümerverband Thurgau schafft mit einer Studie Klarheit und fordert vom Regierungsrat rasche Massnahmen. Baudirektor Jakob Stark sieht ebenfalls Handlungsbedarf.

Gallus Müller (rechts) übergibt Regierungsrat Jakob Stark die Studie über die Geschossflächenziffer, in der eine Korrektur gefordert wird. (Bild: zvg)
«Die Zeit drängt», sagt Gallus Müller, Präsident des Thurgauer Hauseigentümerverbands (HEV). Der Grund: Auf den 1. Mai soll die Revision des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes in Kraft treten. Dieses Gesetz wie auch das neue kantonale Planungs- und Baugesetz sollten laut Müller die Grundlagen für verdichtetes Bauen liefern. Allerdings belegt die aktuelle Studie über die Geschossflächenziffer des HEV genau das Gegenteil. Die Studie nimmt insbesondere eine Umrechnungstabelle der regierungsrätlichen Verordnung zum neuen Thurgauer Planungs- und Baugesetz unter die Lupe. Gesetz und Verordnung sind bereits in Kraft getreten. In der Tabelle wird die Umrechnung von der bislang massgebenden Ausnützungsziffer zur neuen Geschossflächenziffer geregelt. Die Geschossflächenziffer ist aufgrund der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe eingeführt worden.
Baudirektor begrüsst Vorschlag
Das Problem liegt laut Gallus Müller vor allem darin, dass die Umrechnungstabelle zu schlechteren Werten führt: «Die Ausnützung von Grundstücken wird in den meisten Fällen schlechter als mit der heutigen Regelung. Das kann nicht sein, zumal sich das Volk in der Abstimmung zum eidgenössischen und kantonalen Gesetz klar für die Förderung des verdichteten Bauens ausgesprochen hat.» Baudirektor Jakob Stark hat die Studie in Empfang genommen. Sie bestätige die ersten Praxiserfahrungen, weshalb er den Vorschlag des HEV als zielführenden Lösungsweg begrüsse.
Schlechtere statt bessere Ausnützung
In der Studie des HEV legt Müller die Fakten auf den Tisch: «Planer und Architekten sind verunsichert. Der Umrechnungsfaktor muss auf eine neue Basis gestellt werden.» Die Studie zeigt denn auch eindrücklich auf, welche unerwünschten Wirkungen der Umrechnungsfaktor auf die effektive Ausnützung hat, und ergänzt diese Fakten um praktikable Lösungsvorschläge. Müller erläutert: «Die vom Regierungsrat festgesetzten Werte sind viel zu tief angesetzt, sind doch bei der Geschossflächenziffer neu sämtliche Flächen zu berücksichtigen. Das führt unter anderem dazu, dass Investoren Abstell- und Garagenflächen möglichst klein halten. Wer mit der alten Regelung noch Reserven für einen Anbau hatte, darf möglicherweise wegen der neuen Geschossflächenziffer plötzlich keinen Anbau mehr realisieren.»
Tiefgaragen werden verunmöglicht
Insbesondere werden gemäss der Studie Tiefgaragen eher verhindert als gefördert. Müller: «Der entsprechende Bonus für grössere Tiefgaragen ist in den meisten Fällen zu klein.» Im Hinblick auf die verdichtete Bauweise sei es aber gerade wichtig, dass Parkflächen unter dem Boden gegenüber oberirdischen Parkmöglichkeiten begünstigt werden. Die Studie rät dazu, die Geschossflächenziffer wegen ihrer Schwächen nicht zu übernehmen. Gemäss dem Verfasser der Studie, Andreas Niklaus, Geschäftsleiter des Planungs- und Ingenieurbüros Niklaus+Partner AG, könnte der Kanton gegenüber der Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe nachträglich einen Vorbehalt zur Geschossflächenziffer anmelden.
Dies sei problemlos möglich. Müller bemängelt, dass das Raumplanungsamt die zu tiefen Umrechnungswerte bei neuen Gestaltungsplänen bereits strikte anwende. Zudem gälten ab 2018 in allen Gemeinden, die dann ihre Baureglemente noch nicht angepasst haben werden, die Umrechnungswerte der regierungsrätlichen Verordnung. Deshalb bestehe dringender Handlungsbedarf, um die Grundeigentümer nicht weiter zu benachteiligen.
Planer begrüssen Veränderung
Der Regierungsrat habe die Möglichkeit, noch vor Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung diese Verordnung zu optimieren. Er würde damit, so Niklaus, dem Wunsch verschiedener Planer im Thurgau nach Rechtssicherheit entgegenkommen. Er geht noch weiter und schreibt bei den Umsetzungsvorschlägen der Studie, dass sogar eine Rückkehr zur Ausnützungsziffer ins Auge gefasst werden müsse. Müller verlangt deshalb sofort eine sinnvolle Anpassung der Umrechnungswerte. Die Entwicklung werde er genau verfolgen. Der HEV werde bei Bedarf weitere Schritte prüfen, die dem Grundsatz der besseren Ausnützung von Grundstücken gerecht werden.
Geschossflächenziffer
Die Geschossflächenziffer (GFZ) ist das Verhältnis der Summe aller Geschossflächen zur anrechenbaren Grundstücksfläche. Die Geschossflächen umfassen nebst dem üblichen Wohnraum auch Keller-, Abstell-, Estrich-, Garagenflächen usw., was bei der heutigen Ausnützungsziffer (AZ) nicht der Fall ist. Zur Berechnung der AZ werden hauptsächlich die zum Wohnen und Arbeiten dienenden Räume und deren Zugänge ins Verhältnis zur Grundstücksfläche gesetzt. «Deshalb wird die GFZ oft kleiner als die AZ. Das ist nicht im Sinne des Erfinders und von Grundeigentümern», sagt Gallus Müller, Präsident des Thurgauer Hauseigentümerverbands. Gemäss der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe sollte die GFZ gegenüber der heute noch gültigen Ausnützungsziffer eine Vereinfachung und Vereinheitlichung bringen. Die Studie des Thurgauer Hauseigentümerverbands zeigt die Problematik der Umrechnung auf.