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Secondhandware für 21 Millionen Franken

Konstanz – In Konstanz wird bei Grossprojekten in Millionenhöhe nicht lange gefackelt: Am kommenden Donnerstag berät der Gemeinderat der Nachbarstadt über den Kauf des Centrotherm-Gebäudes.

So könnte das neue Veranstaltungshaus am Seerhein aussehen. (Bild: krehl.girke architekten)

So könnte das neue Veranstaltungshaus am Seerhein aussehen. (Bild: krehl.girke architekten)

Es könnte jetzt doch noch etwas werden mit einem Konzert- und Kongresshaus in Konstanz. Wir erinnern uns: Per Bürgerentscheid lehnten die Konstanzer den Neubau eines solchen im Jahr 2010 mit einer Zweidrittelmehrheit ab. Am Donnerstag berät der Gemeinderat der Nachbarstadt nun über ein Veranstaltungshaus aus zweiter Hand. Ein solches ist günstiger als ein Neubau, soll inklusive Umbau und Einrichtung aber trotzdem rund 21,1 Millionen Franken kosten.

In seiner letzten Sitzung vor den Neuwahlen wird der Kauf des Centrotherm-Gebäudes am Seerhein verhandelt. In ihrer Pressemitteilung preist die Stadt Konstanz das innerhalb weniger Monate bis zum Entscheid vorangetriebene Vorhaben als «eine einzigartige Chance» an:

Der Kauf des Centrotherm-Gebäudes in der Reichenaustrasse durch die Stadt und die IHK nimmt konkrete Gestalt an. Die Verwaltung legt dem Gemeinderat für die Sitzung am 22.05.14 eine umfangreiche Vorlage vor, die neben dem Kaufvertrag die wesentlichen Eckpunkte des Umbaus, der Nutzung, der Kosten und des Zeitplans enthält. Im März hatte der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, den Kauf auszuverhandeln sowie ein Nutzungskonzept und einen Businessplan für das Erdgeschoss auszuarbeiten.

«Eine einzigartige Chance»
«Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, dieses Projekt innerhalb kurzer Zeit dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen. Es ist sehr stimmig und es funktioniert als in sich geschlossenes Projekt. Mit ihm können wir dem grossen Mangel an mittleren und grösseren Veranstaltungsräumen in der Stadt Konstanz begegnen und es bietet eine einzigartige Chance für die weitere Entwicklung der Stadt Konstanz», erklärte Oberbürgermeister Uli Burchardt bei einem Pressegespräch am 16.05.14 im Rathaus. Auch Prof. Dr. Claudius Marx, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, äusserte sich positiv: «Es hat sich gelohnt, dass wir an dem Projekt intensiv weitergearbeitet haben. Durch die gute Zusammenarbeit und Weiterentwicklung ist es noch besser geworden.»

Die Eckpunkte des Projekts
Der Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt Konstanz Friedhalm Schaal stellte bei dem Pressegespräch die Eckpunkte des Kaufs und Umbaus des Centrotherm-Gebäudes vor. Der Kaufpreis für die Stadt beträgt 4,3 Millionen Euro. Hinzu kommen Umbaukosten von 9,2 Millionen Euro (brutto). Da keine Mehrwertsteuer anfällt belaufen sich die Kosten für Kauf und Umbau auf 12,2 Millionen Euro. Hinzu kommen Einrichtungskosten von 3,2 Millionen Euro netto bzw. 3,8 Millionen Euro brutto. Beim Neubau eines vergleichbaren Veranstaltungsgebäudes wäre eine Investition (ohne Einrichtung) von mindestens 18,6 Millionen Euro (brutto) erforderlich. Den Investitionskosten stehen geplante jährliche Pachteinnahmen von rund 280.000 Euro gegenüber. Der Betrieb des Veranstaltungshauses unter dem Dach einer städtischen GmbH, die zu diesem Zweck gegründet wird, soll ab dem dritten Betriebsjahr «schwarze Zahlen» schreiben.

Nutzung durch die Stadt
Die Stadt Konstanz verfolgt schon seit langer Zeit das Ziel, ein Veranstaltungshaus für kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Zwecke zu realisieren. Das Centrotherm-Gebäude bietet nun die einmalige Gelegenheit, an prominenter Stelle im Stadtgebiet ein solches Vorhaben zu realisieren. Die grosse Fläche des Erdgeschosses eignet sich nach Umbauten besonders für Tagungen, Kongresse, Messen und Ausstellungen, darüber hinaus auch für kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen. Eine variable Aufteilung der Räume kommt unterschiedlichen Nutzungsansprüchen entgegen. Technik- und Cateringräume sowie neu zu schaffende Konferenz- und Tagungsräume im Bereich des Foyers auf der Ebene des 1. Obergeschosses runden das Nutzungsprofil ab.

Nutzung durch die IHK
Die IHK Hochrhein-Bodensee beabsichtigt, ihren Standort in der Schützenstrasse in Konstanz aufzugeben und sich neu zu orientieren. Die Gründe liegen vor allem darin, dass das bestehende Gebäude den Raumbedarf für die Verwaltung und der in den vergangenen Jahren stetig gewachsenen Nachfrage nach Bildungsangeboten nicht mehr decken kann. Eine adäquate Erfüllung der Aufgaben der IHK am gegebenen Standort ist damit nur noch eingeschränkt gewährleistet. Hinzu kommt, dass die Erschliessung des Gebäudes bereits seit Jahren nicht mehr den Anforderungen entspricht. Die IHK Hochrhein-Bodensee sucht deshalb nach einem geeigneten alternativen Standort, der ihr die Möglichkeit bietet, ihre Aufgaben künftig in einem zeitgemässen Rahmen wahrnehmen zu können.

Zeitplan
Wenn der Gemeinderat am 22.05.14 und die Vollversammlung der IHK dem Kauf des Gebäudes zustimmen kann eine notarielle Beurkundung des Kaufvertrages und der Teilungserklärung erfolgen. Für den städtischen Teil der Investition wird ein Planungsbeirat gebildet, dessen erste Sitzung im Juli stattfinden kann. Der Baubeginn könnte Anfang 2015 erfolgen, der Umzug der IHK Mitte 2015. Die Eröffnung des Veranstaltungshauses wäre Anfang 2016 möglich.

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One thought on “Secondhandware für 21 Millionen Franken

  1. Bruno Neidhart

    Es wird noch einiges Wasser den benachbarten Rhein hinunter laufen, bis hier kulturell etwas Brauchbares entstanden ist. Eine Chance ist aber grundsätzlich durchaus gegeben. Für einen veritablen, grossen Konzertraum „im klassischen Sinn“, wie er auf Klein Venedig hätte entstehen sollen, fehlt zum Beispiel jedoch die verfügbare Raumhöhe im bestehenden Industriebau. Es würde sich also um ein ganz anderes Projekt handeln. Für weitere Veranstaltungen mögen die umgebauten Räume dienlich sein. Es werden aber viele Kompromisse gemacht werden müssen, um alles „unter einen Hut“ bringen zu können, zumal sich hier gleichzeitig die Industrie- und Handelskammer Hochrhein (IHK) etablieren möchte. Da Centrotherm „das Handtuch geworfen hat“, ist es aus städtischer Sicht sicher sinnvoll, sich Überlegungen zu machen, was aus dem bestehenden Gebäude werden könnte. Ohne Zweifel günstig ist die Örtlichkeit wegen der Nähe zu vielen Parkmöglichkeiten, sowohl dem nahen P&R-Parkplatz am Ende der Autobahnbrücke aus der Schweiz, wie den in diesem neuen Stadtraum in jüngster Zeit üppig entstandenen Tief- und Hoch-Parkgaragen. Der ÖPNV ist an der Reichenaustrasse dagegen noch unterentwickelt, was allerdings einfach zu verbessern wäre. Charme versprüht dagegen bereits jetzt die neue, attraktive rechtsrheinische Rheinpromenade, die sogar noch bis Stromeyersdorf verlängert wird, bestückt mit Terrassenrestaurants und einem grossen, neuen Kongresshotel (47°), usw. Der Verkehr auf der Reichenau- und Spanierstrasse wird auf jeden Fall reichlich zunehmen. Auch abends. Auf das müssten sich die Anwohner einstellen.

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