Keine Chance für Steuersenkungen
Gemeinderat – Für einmal gab es keinen einzigen Sparantrag, als gestern das Budget 2015 im Gemeinderat behandelt wurde. Stattdessen bezweckten Anträge der FDP sowie der Freien Liste Steuersenkungen. Diese wurden aber deutlich abgelehnt.
Mit einer von Gemeinderatspräsident Rolf Rindlisbacher (SVP) mit kritischen Worten bedachten Rekordabsenz von 20 Prozent begann gestern die Sitzung fürs Budget 2015.
Voreilige Senkung nicht seriös
Bei den Fraktionsmeldungen war die Steuersenkung das dominierende Thema. FDP und Freie Liste sahen in ihren Anträgen eine Reaktion auf die abgelehnte Schwimmhallen-Investition von 32 Millionen Franken. Die SVP zeigte sich einer Steuersenkung nicht abgeneigt, hielt sie aber zum jetzigen Zeitpunkt «für das falsche Signal» (Fabian Neuweiler). Die CVP sei nicht per se abgeneigt, so Thomas Dufner: «Aber jetzt wäre das nicht seriös, wir müssen erst die Auswirkungen auf den Finanzplan prüfen.» Den Worten Ruedi Herzogs (SP) war unterschwellig die Trauer über die verlorene Abstimmung anzumerken. Er versuchte, das Wort Steuersenkung zu vermeiden und gemahnte stattdessen an die Wichtigkeit von Investitionen. Nur durch diese bleibe Kreuzlingen eine lebenswerte Stadt. «Kein vernünftiger Unternehmer bleibt auf dem Geld hocken, wenn es ihm gut geht», so Herzog.
Auch in der materiellen Beratung liessen sich die Räte kaum aufhalten, sodass Beat Rüedi recht schnell den Antrag im Namen der FDP stellte, den Steuerfuss um vier Prozent auf 66 Prozent zu senken. «Wir müssen auf den Volksentscheid zur Schwimmhalle reagieren», sagte er. In den vergangenen Jahren habe seine Fraktion stets dem gleichbleibenden Steuerfuss zugestimmt. Sein Antrag jetzt sei auch beileibe kein Schnellschuss. «Fakt ist: Wir haben 2007 bis 2013 rund 22,1 Millionen Franken Gewinn eingenommen. Dieses Geld soll nicht bei der Gemeinde gehortet, sondern an den Steuerzahler zurückgegeben werden.»
Kreuzlingen sei laut Rüedi unter den teuersten zehn Prozent von 80 Thurgauer Gemeinden. «Eine Steuersenkung um vier Prozent wird das Budget lediglich um 1,76 Millionen Franken verschlechtern – es bleibt immer noch ein Ertragsüberschuss.» Seiner Meinung wären sogar sechs bis sieben Prozent Senkung möglich. «Und die Erfahrung zeigt, die Rechnung fällt immer besser aus als das Budget», erklärte Rüedi.
Freie Liste für zwei Prozent
Daniel Moos stellte im Namen der Freien Liste den Antrag, den Steuerfuss um lediglich zwei Prozent zu senken. Auch er war der Meinung: «Es ist dem Steuerzahler nicht erklärbar, wenn der Steuerfuss gleich bleibt. Nichts tun geht einfach nicht.»
CVP und SVP dagegen
Diese Zahlenfeilscherei war für Fabian Neuweiler (SVP) zu viel des Guten: «Jede Steuersenkung muss erst hinsichtlich der Auswirkung geprüft werden. Wir sind doch nicht auf dem türkischen Basar.» Ernst Zülle (CVP) sprach sich ebenfalls gegen beide Anträge aus und verwies auf den Finanzplan: «Sorge bereitet die Schuldenkurve und wir werden das Geld noch brauchen.» Alexander Salzmann (FDP) warb für die Steuersenkung und erklärte: «Vier Prozent liegen drin, ohne dass wir auf das Stadthaus oder irgendetwas anderes verzichten müssen. Kreuzlingen muss für das Gewerbe attraktiv sein.» Thomas Leuch (EVP) hingegen hielt den Zeitpunkt für falsch. «In fetten Jahren sparen, in mageren haben», sei seine Devise.
Verschuldung ist kontrolliert
Auch Stadtammann Andreas Netzle ergriff das Wort und warb für eine Vertagung der Steuersenkungs-Debatte: «Wir gehen eine kontrollierte Verschuldung ein und wissen, wie man da wieder heraus kommt. Wir sind gegen eine übereilte Steuersenkung. Aber wenn alle Auswirkungen geprüft wurden, werden wir selber eine solche vorschlagen.» Er wies auch daraufhin, dass das Stadthaus die Schulden vergrössern werde.
Die Räte sprachen sich, vielleicht aus Taktik, dann deutlich für Rüedis Variante aus: Nur Moos selbst und Christian Forster (Rägäbogä) stimmten für eine «kleine» Steuersenkung.
Letztendlich lehnten sie die Steuersenkung um vier Prozent aber mit 19 Nein zu 12 Ja und einer Enthaltung ab. Das Budget 2015 mit einem Voranschlag von rund 2,35 Millionen Franken wurde daraufhin mit 23 Ja zu 9 Nein-Stimmen angenommen.
Brückenangebot war Thema
Unter dem Traktandum «Verschiedenes» fragte Beat Rüedi (FDP) den Stadtrat, was zur Standorterhaltung des Brückenangebots in Kreuzlingen unternommen wurde (siehe auch unten). Stadträtin Barbara Kern, welche auch im Kantonsrat sitzt, erklärte, dass der Kantonsrat schlicht kein Instrumentarium habe, um gegen die Einsparung vorzugehen: «Der Regierungsrat hat diese Entscheidung in seinen Kompetenzbereich gelegt.» Eine Delegation sei zwar bei Regierungsrätin Monika Knill vorständig geworden, genützt habe es nichts. «Wir sind sehr desillusioniert nach Hause gegangen», sagte Kern.