Stellungnahme der SP zum Budget der Stadt Kreuzlingen
Kreuzlingen – Der Stadtrat präsentiert erneut ein positives Budget, diesmal sogar mit einem Rekordergebnis von fast 2,5 Mio. Franken Gewinn.
Finanztechnisch steht die Stadt Kreuzlingen sehr gut da. Das ist verschiedenen Faktoren zuzuschreiben. Einerseits sprudeln die Steuereinnahmen, nicht zuletzt aufgrund der starken Zuwanderung in den letzten Jahren, markant an. Andererseits bleibt die Investitionstätigkeit der Stadt eher gering.
Gerade bürgerliche Politiker fordern vom Staat oft unternehmerisches Handeln. Wer dies fordert, soll aber der Stadt auch die Mittel geben, um unternehmerisch zu handeln. Kein erfolgreicher Unternehmer sitzt auf dem Geld, schon gar nicht in Zeiten guter Erträge. Investitionen in die Zukunft sind dringend nötig, für jedes Unternehmen, aber auch für das städtische Gemeinwesen.
Soll Kreuzlingen zur reinen Schlafstadt werden, die uns Einwohnern nichts bietet? Wollen wir, dass unsere Bevölkerung zunehmend aus Menschen besteht, die in Zürich arbeiten, in Konstanz einkaufen und auch dorthin in den Ausgang gehen? Noch mehr Verkehr, weniger Einkaufsmöglichkeiten, weniger Leben in der Stadt und mehr Anonymität?
Wir meinen «Nein»! Wir rufen alle konstruktiven Kräfte unserer Stadt auf, dazu beizutragen, dass Kreuzlingen auch in Zukunft eine lebenswerte Stadt ist, die uns Bewohnerinnen und Bewohnern attraktive Kultur- und Sportstätten, Schulen, Freizeiteinrichtungen, Grünflächen und ein belebtes Zentrum bieten kann.
Um dies sicherstellen zu können, benötigt die Stadt Kreuzlingen genügend finanzielle Mittel. Das ist mit dem vorliegenden Budget bei gleichbleibendem Steuerfuss gewährleistet. Die von der FDP geforderte Steuerfuss-Senkung ist allzu leicht als Wahlkampf-Thema zu entlarven. Sie entzieht der Stadt substanziell und dauerhaft Finanzmittel, ohne dass der einzelne Stimmbürger davon wirklich gross etwas spürt. Die geforderte Senkung des Steuerfusses um vier Steuerprozente macht – erst recht für tiefe und mittlere Einkommen – fast nichts aus.
Wir lehnen daher das populistische Ansinnen der FDP ab und stimmen dem Budget zu.
Wir sollen der Stadt also mehr geben, als der Stadtrat gemäss seinem eigenen Finanzplan braucht? Wo ist da die Logik? Kreuzlingen ist mit seinen 220 Vereinen attraktiv! Ich bin stolz auf das Engagement unserer Bürger und Kreuzlingen bewegt sich jeden Tag und es ist viel los in der Stadt. Kreuzlingen bietet seinen Bürgern viel! Woher kommt denn dieser weitverbreitete Pessimismus zu unserer Stadt?
Wo ist „viel los in der Stadt“ (A. Salzmann)? Was „los“ sein soll, ist zwar eine Definitionssache, doch einige Punkte seien mal aufgeführt, die zumindest indirekt „Pessimismus“ (A. Salzmann) verbreiten könnten. „Los“: Etwa auf dem Boulevard? Etwa in der seit Jahren verlassenen Einöde zwischen neuem Löwen und der Kirchstrasse? Etwa in der gähnenden (Geschäfts-) Leere an der unteren Konstanzerstrasse? Etwa in der Kultur, wo heute nicht mal ein einziges von ehemals drei Kinos die Gesellschaft zu beflügeln vermag? Wo die „Alte Molki“ nach wie vor „als eigentlicher kultureller, attraktiver Fixpunkt“ auf sich warten lässt? Ist was los im Hafen, wo nicht mal eine regelmässige „Verbindung auf Gegenseitigkeit zum anderen Ufer“ (z.B. Meersburg) besteht, wie es kleine Oberseegemeinden vormachen? – usw. Ja, es gibt „einen Haufen Banken“. Ja, es ist was los an den Grenzübergängen! Ja, es ist – in diesem Zusammenhang – was los auf der Durchfahrtsstrasse „eines verunglückten Stadtbahnhofplatzes“ und anderer verstopfter Stadtstrassen – gesteigert an Wochenenden. Ja, es ist was los auf den letzten Baugrundstücken oberhalb der Stadt! Ja, es ist was los im Konstanzer Thermalbad! Ja, es ist was los auf dem (Konstanzer!) Kinderspielplatz beim Hafen! Ja, Unterhaltung „mannigfacher Art!“ ist „los“ in der Bodensee- (Eis-!) Arena! – usw. Nein: Kreuzlingen sucht nach wie vor sein eigenes Stadtprofil (wenn es nicht „Schlafstadt“ sein möchte!). Der Weg ist noch weit. So ist – nur als Beispiel – in kaum einem überregionalen Tourismusprospekt die Bodenseegegend Kreuzlingen gut sichtbar vertreten. Dabei liegen doch gerade auf diesem Gebiet besondere Chancen („Alter Seeburgpark“ als veritabler „Botanischer Garten“ weiter entwickeln – um nur ein Beispiel zu nennen!). Auf der Suche nach einem Profil wird also noch einiges Bodenseewasser die Konstanzer Rheinbrücke unterqueren. Das Gebiet „Kreuzlingen“ – als überregionale, zentrale Örtlichkeit gerechnet! -, von Münsterlingen-Scherzingen, über Bottighofen, bis nach Tägerwilen, hat bereits heute mehr als 30’000 Einwohner, besitzt ausgezeichnete Bildungsstätten, bis hin zum Hochschulcampus (mit Synergien zur Universität Konstanz), mit ausgezeichneten Kliniken in allen Disziplinen, mit einer attraktiven, alten Nachbarstadt – nicht als Konkurrenz, sondern als kreative Inspiration in Zusammenarbeit! Kurzum: Was hat das alles mit einer Steuerreduktion zu tun? Vielleicht nicht allzu viel. Doch geht es – oder sollte es gehen! – in Kreuzlingen zukünftig wirklich nicht um mehr, als über „Steuern“ zu diskutieren? Doch: Es geht schlicht um „die Suche nach Identifikation der Stadt und ihrer Gesellschaft“. Mit klaren Zeichen, Innovationen, Investitionen. Dazu sollte die „Stadt als Ganzes“ neu angedacht werden – ausgehend aus dem Kern, aus dem sie entstand, sich entwickelt hat und nun in einer Neuzeit angekommen ist, die immer neue Fragen für die weitere Zukunft stellt – stellen wird – , deren Ausrichtung letztlich die Gesellschaft prägen kann. Eine schöne Aufgabe. Viel ist zu tun – trotz der „220 Vereine“. Oder gerade deshalb?