Vom gemeinen Fussvolk abgehoben
Kreuzlingen – Turnschuhe sind heute mehr als blosses Schuhwerk. Sneaker haben Geschichte, sind ein Sammlerobjekt, Statussymbol und einige werden für tausende von Franken weiterverkauft.

Daniel Gavrilov vor seiner Sneaker-Sammlung. Viele davon sind «dead stock», sprich ungetragen und ausverkauft. (Bild: ek)
«Meine ersten Sneakers habe ich mit 13 bekommen. Ein Paar Nike Air Force 1. Die habe ich gerockt, bis sie auseinandergefallen sind», erinnert sich Daniel Gavrilov. «Um die Schuhe möglichst lange in Schuss zu halten, hatte ich immer eine Zahnbürste und einen Lumpen im Rucksack dabei.» Heute besitzt er einen spezielle Bürste mit passender Schuhcreme, um seine Sneaker zum glänzen zu bringen und aus dem Anfangspaar ist eine beachtliche Sammlung geworden. An die 40 Paar «dead stocks» lagern auf seinem Estrich. Der Fachbegriff für ungetragene Sneakers in Orginalverpackung, welche es im Laden nicht mehr zu kaufen gibt. Dazu kommen noch zwei Hundert-Liter-Säcke mit ausgelaufenen Turnschuhen. «Seit ich 16 bin habe ich keinen Sneaker mehr weggeworfen», sagt Gavrilov. Seine Freundin ziehe ihn schon damit auf, dass er mehr Schuhe als sie besitze.
Einkaufspreis gesichert
In sein Hobby ist er eher unbewusst gerutscht. «Zuerst ging es einfach darum, immer neue und freshe Treter an den Füssen zu haben», so Gavrilov. An Sneaker-Messen wurden die Schuhe wie Briefmarken getauscht. Als er realisierte, dass er ein total abgelaufenes Paar Nike Jordans immernoch zum Einkaufswert verkaufen konnte, war der Geschäftsmann in ihm geweckt. Mittlerweile gibt es eigene Webseiten, welche sich nur dem Wiederverkauf widmen. Als passionierter Fotograf rückt auch Gavrilov Sneaker ins richtige Licht und stellt sie anschliessend auf Facebook. «Letzthin wurden mir 700 Euro für einen Schuh geboten, den ich für 180 Euro gekauft habe», erklärt er das Sneakergame.
Sneaker Bar
Die immer grösser werdende Beliebtheit von Sneakern bestätigt auch Simon Wiedenbach. Zusammen mit dem Inhaber Sven Boros eröffnete er im September die Sneaker Bar an der Bruderturmgasse 6 in Konstanz. «Die Idee dahinter war, dass sich Sneaker-Enthusiasten aber auch normale Kunden an einem Ort treffen und sich über Schuhe austauschen können», erklärt er. Auch als Händler sei es nicht immer einfach, neue und gleichzeitig qualitativ gute Turnschuhe an die Füsse zu bringen. Hersteller wie Nike, Adidas und Reebok hätten den Zeitgeist erkannt, und würden mit limitierten Editionen und Kollaborationen mit Künstlern die Preise in die Höhe treiben. Ein in Zusammenarbeit mit Eminem hergestellter Nike Air Jordan 4 retro etwa wird zurzeit für 37’500 Dollar gehandelt. «Als ich 2005 angefangen habe zu sammeln, hat sich die Szene jährlich über vier Spezialeditionen gefreut. Heute kann man jedes Wochenende zwischen fünf neuen Paaren aussuchen», so Wiedenbach.
Künstlicher Hype
Eine Entwicklung, die nicht nur Wiedenbach mit Sorge verfolgt. «Früher haben die Nikes von Michael Jordan oder die Adidas der Rapgruppe Run D.M.C. Geschichte geschrieben», sagt Gavrilov «Heute wird der Hype künstlich erzeugt.» Ein Grund, weshalb er auch heute noch nur Sneaker kauft, welche ihm auch persönlich gefallen und er anziehen würde. «Schlussendlich wurden sie doch dafür gemacht», sagt Gavrilov schmunzelnd. Mehr Bilder und Informationen auf www.facebook.com/DGPhotograhy.