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Suchtkonzept löst Drogenkonzept ab

Frauenfeld – Das Thurgauer Drogenkonzept aus dem Jahr 1992 wird durch ein modernes Suchtkonzept abgelöst. Es geht von einem breiten Verständnis von Sucht aus und setzt neben Behandlung, Schadensminderung und Repression einen starken Fokus auf die Prävention. Eine umfassende Suchtarbeit soll die gesellschaftliche Problemlast von Suchtverhalten sowie die dadurch verursachten Kosten der öffentlichen Hand reduzieren.

(Bild: tm)

(Bild: tm)

Während Anfang der 1990er Jahre Sucht vor allem als Abhängigkeit von illegalen Drogen verstanden wurde, wird sie heute breiter definiert: Illegale wie auch legale Substanzen (Alkohol, Tabak, Medikamente) sowie potenziell abhängig machende Verhaltensweisen (Spielsucht, Gebrauch des Internets und virtueller Medien) werden berücksichtigt und die Gesundheit der gesamten Gesellschaft wird ins Blickfeld gerückt.

Mit diesem Fokus werden neben den individuellen Folgen für die Süchtigen auch die sozialen und monetären Konsequenzen von Suchterkrankungen für die gesamte Gesellschaft betrachtet. Bereits ein problembehafteter Konsum, ohne Abhängigkeit im medizinischen Sinn, kann gesundheitspolitisch relevant sein, wenn dadurch hohe Folgekosten und somit eine gesellschaftliche Problemlast entstehen. Die koordinierte und vernetzte Suchtarbeit soll dazu beitragen, dass die hohen Folgekosten von problematischem Konsum legaler und illegaler Substanzen sowie von problematischem Verhalten bezüglich Glücksspiel und Internet reduziert werden können.

Nationale Suchtpolitik als Basis
Das neue Thurgauer Suchtkonzept basiert auf den vier Säulen der nationalen Suchtpolitik. Die erste Säule beinhaltet Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung. Ziel ist, die Entwicklung einer Sucht zu verhindern, respektive möglichst früh zu stoppen. Die zweite Säule ist die Behandlung. In diesem Bereich wird angestrebt, dass ein nachhaltiger Ausstieg aus der Sucht gelingt.

Schadensminderung ist die dritte Säule, welche darauf abzielt, den Gesundheitszustand abhängiger Personen zu stabilisieren, deren soziale Integration und die öffentliche Sicherheit zu erhalten. Die vierte Säule beinhaltet Massnahmen im Bereich der Repression. Für die illegalen Substanzen bedeutet dies, den Handel zu bekämpfen und mit der Verknappung des Angebots auch die Nachfrage zu senken. Repressive Massnahmen für legale Substanzen beinhalten Abgabebeschränkungen (Jugendschutz) und Marktregulierungen (Werbung, Preise).

In die Erarbeitung des Suchtkonzepts wurden Vertreterinnen und Vertreter aller vier Säulen der Suchtarbeit eingebunden. Der Kreis von Personen, die mit dem Thema Sucht in Berührung kommen, ist sehr gross. Er umfasst Fachpersonen, die im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention tätig sind, Lehrpersonen, Jugendarbeiterinnen und -arbeiter, Mitarbeitende von verschiedenen Beratungsstellen, medizinische Fachpersonen (vor allem in der Hausarztpraxis und im Bereich der Psychiatrie), Betreuungspersonal von Heimen, Mitarbeitende der Polizei und im Justizwesen. Des Weiteren sind selbstverständlich die Angehörigen von Suchtabhängigen, aber auch Personen aus dem Bereich der Selbsthilfe, der Freiwilligenhilfe und Arbeitgeber von der Thematik betroffen.

Vier Handlungsfelder mit Massnahmen
Das Suchtkonzept definiert auf Grund des vorhandenen Bedarfs vier Handlungsfelder und entsprechende Massnahmen. Der Bedarf wurde anhand der Konsumhäufigkeit, deren Entwicklungen und Trends sowie einer Befragung der Akteure aller vier Säulen der Suchtpolitik im Kanton Thurgau eruiert. Im ersten Handlungsfeld «Prävention und Früherkennung» werden Personen angesprochen, die im Rahmen ihrer Arbeit oder in ihrem privaten Umfeld mit Suchtproblemen aller Altersstufen konfrontiert sind. Sie sollen wissen, wo sie Informationen erhalten und an wen sie sich bei Problemen wenden können.

Die Suchtprävention, die sowohl Massnahmen zur Verhaltens- wie auch zur Verhältnisprävention enthält, richtet sich in erster Linie an Jugendliche, junge Erwachsene und Erwachsene ab 55 Jahren. Die weiteren Handlungsfelder sind «Vernetzung und Koordination des Behandlungsangebots», «Zielgruppen» sowie «Qualitätsmanagement und Monitoring». Sie zielen unter anderem auf eine optimale Zusammenarbeit der Anbieter und Disziplinen, auf die tatsächliche Erreichung der angestrebten Zielgruppen sowie auf das Vorhandensein einer aktuellen Wissensgrundlage für eine effiziente Planung der Suchtarbeit.

Beim Thema Sucht wird in den gesetzlichen und konzeptionellen Grundlagen immer auch die Selbstverantwortung der Menschen betont. So ist auch im Thurgauer Suchtkonzept das staatliche Handeln nur ergänzend zu privater Initiative und persönlicher Verantwortung zu verstehen. Suchtarbeit ist ein Teil der Gesundheitsversorgung und eine Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden. Die Kosten verteilen sich auf unterschiedliche Träger und Bereiche. Deren Gelder werden beispielsweise für Gesundheitsförderung und Prävention eingesetzt und fliessen in die stationäre Gesundheitsversorgung.

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