Die Schweiz wird immer reicher
Leserbrief – Und die Kehrseite der Medaille ? Der Dollar war einmal bei 4,50 Franken, die DM bei 1,10 Franken und nach der Einführung des Euro (2:1) wären das dann 2,20 Frankenpro Euro gewesen. (Jost Rüegg, Kreuzlingen)
Bei der Einführung des Euro-Bargeldes im Jahre 2002 waren es dann aber nur noch 1,60 Franken. Danach fiel der Euro sukzessive auf 1,45, 1,25 bis er 2011 kurzfristig auf 1,00 abfiel. Die SNB fixierte ihn dann im September 2011 bei Fr. 1,20 Franken. Am 15. Januar 2015 beendete die SNB die sehr, sehr teuer gewordene Euro-Stützung (aktuell ca. 80 Milliarden Verlust). Der Euro wird in absehbarer Zeit wohl kaum mehr über einen Fr. 1.10 steigen, wenn überhaupt. Gegenüber der USA hat sich der SFR in den letzten Jahrzehnten um 450 Prozent erhöht. Gegenüber Deutschland, das für die Schweiz wichtigste Land in der EU, liegt die Erhöhung des SFR gegenüber DM/Euro seit etwas über zehn Jahren bei ca. 100 Prozent. Das hat die Schweiz bis heute relativ gut überstanden.
Jetzt kommen noch einmal 10 bis 20 Prozent «Franken-Teuerung» dazu. Auch das wird die immer reicher werdende Schweiz nicht umhauen, für einen grossen Teil der Schweizer Wirtschaft mit ihren Arbeitnehmern wird es aber eng. Wir waren bis vor kurzem eine Insel der Glückseligen. Jetzt sind wir nur noch eine Insel von Glücklichen, allerdings mit gravierenden Ausnahmen. Man muss nichts von der hochkomplexen Finanz-Materie verstehen, um zu wissen, dass wir ein Teil des Ganzen sind und damit unseren Preis für die Teilnahme am völlig ungerechten Welthandel irgendwann mitbezahlen müssen. Global handeln und dabei immer nur lokal denken wollen war und ist der falsche Ansatz. Reiche Schweiz, wohl bekomm’s.
Für Kreuzlingen hätte man sich „aus den Geldanhäufungskellern der SNB“ eine besser Botschaft vorstellen können. Der Schock sitzt. Dies betrifft so ziemlich alles: den Handel, die Wohnungswirtschaft, selbst Kulturbelange, usw. Nun nützt es nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Umso mehr ist „Kreativität“ und „Mut“ gefragt, um an der „Schnittstelle zu Europa“ nicht vollends ins Abseits gedrängt zu werden, umso mehr, als im vergangenen Jahrzehnt kaum eine sichtbare Leistung das Profil der Stadt nach innen und nach aussen nachhaltig zu prägen vermochte (Die positiv zu erwähnende „Bildungsstadt“ ist in diesem Zusammenhang eine „kantonale Leistung“). Andererseits ist die nördliche Nachbarstadt zu dem aufgestiegen, was sie bereits im Mittelalter darstellte: Ein regionales Zentrum, das über die Grenzen hinaus ausgeprägt war, sich weit in eidgenössischen Landen in ihrer Wirkung aus Handel, Bildung und Kultur bemerkbar machte. Kreuzlingen hat im vergangenen halben Jahrhundert viel verpasst, um sich zum Beispiel architektonisch auf einem Niveau zu entwickeln, das grosse Aufmerksamkeit verschafft hätte, so heute einen Gegenpol zur mittelalterlichen Nachbarstadt zu bilden vermöchte. Der Antrieb lag besonders auf dem Reiz der „Einwohnervermehrung“ und „Supermarktansiedlung“ am Stadtrand. Dadurch wurde der Titel „Schlafstadt“ zum Thema. Es bleibt sehr viel zu tun, um durch die jetzige monetäre Situation nicht weiter an Profil zu verlieren – auf allen Ebenen der Stadtgesellschaft! Natürlich hatte das Ziel, „endlich“ die 20’000 zu überschreiten, einen bestimmten Reiz, denn alle vergleichbaren, mit konkurrierenden Städte im Hinterland „legen“ derzeit ebenso „zu“. Nur ist damit die „Kreuzlinger Identität“ noch nicht angesprochen. Diese „Identität“ ist aber notwendig, um aus ihr heraus eine Stadtgemeinschaft zu definieren, die dann auch deutlicher nach aussen wirken kann und im Innern Handeln und Wandel, Kultur, Sport (!) und Bildung positiv zu beeinflussen vermag. (Nachsatz: Um die „Schweiz als Ganzes“ ist mir weniger bange, was den „Geldfluss“ betrifft, lese ich doch gestern in der „Tribune de Genève“, dass „ein Quadratmeter Seesichtland“ in Cologny/Genf zu 10’000 Franken weggeht! Potente Käufer können sich das durch „die wunderbare Geldvermehrungsvorlage der SNB“ nun ziemlich kostenfrei aneignen – „Die Schweiz wird immer reicher“, Jost Ruegg).