Archäologen bergen Alamannengräber
Hilzingen – Vergangene Woche waren die Archäologen wieder in Hilzingen tätig. In einer Baugrube in der Oberstrasse kamen Gräber eines frühmittelalterlichen Friedhofs zum Vorschein. Sie wurden von der Kreisarchäologie des Landratsamtes Konstanz in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege in wenigen Tagen ausgegraben und dokumentiert.
Der Fund war für den Kreisarchäologen Dr. Jürgen Hald keine Überraschung. Aus Fundberichten aus dem Jahr 1921 wusste man, dass am Hang unterhalb des Wasserreservoirs sogenannte Reihengräber liegen, doch war die genaue Position und auch die Ausdehnung des Friedhofs nicht mehr bekannt. Seit 2009, als bei ersten Baumassnahmen in der Hombollstrasse Skelettreste und einige Beigaben vom Bagger erfasst wurden, gehören archäologische Ausgrabungen im Vorfeld der Baumassnahmen zur üblichen Vorgehensweise. Dabei werden in dem kleinen Baugebiet Homboll II sowie auf privat erschlossenen Bauplätzen an der Oberstrasse die Bauvorhaben von der Kreisarchäologie systematisch begleitet und im Falle von Funden die Alamannengräber noch vor der eigentlichen Baumassnahme archäologisch untersucht. Auch bei dem aktuellen Fund waren die Bauherren vorgewarnt, dass mit Grabfunden zu rechnen sei.

Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald und die Archäologiestudentin Carina Danner beim Dokumentieren eines etwa 1400 Jahre alten Alamannengrabes in Hilzingen. (Foto: Georg Häussler)
Schon nach dem Abtrag des Oberbodens mit dem Bagger zeichnen sich in dem lehmigen oder sandigen Untergrund die etwa West-Ost-ausgerichteten Grabgruben als dunkle Verfärbungen ab oder es kommen schon erste Knochen der Körpergräber zum Vorschein. Insgesamt konnte Kreisarchäologe Hald mit seinem kleinen Team aus Studierenden und ehrenamtlichen Helfern zehn neue Gräber feststellen und ausgraben. Die Skelette sind gut erhalten. Die Toten wurden auf dem Rücken mit Blick nach Osten beigesetzt. Winzige Holzreste deuten darauf hin, dass vermutlich Holzsärge, möglicherweise auch längshalbierte, ausgehöhlte Baumstämme, sogenannte Baumsärge, zur Bestattung verwendet wurden. Beigaben fanden sich in den jüngst entdeckten Gräber noch keine. Einige Bestattungen wurden wohl schon im Frühmittelalter beraubt, in anderen bereits in den Vorjahren entdeckten Gräbern fanden sich noch Trachtbestandteile wie eiserne Gürtelbeschläge, Gürtelschnallen oder kleine Eisenmesserchen. Zu den schönsten Funden der letzten Jahre gehört ein Männergrab mit einem vermutlich aus Nordwestfrankreich stammenden Langschwert, Silbergürtelschnalle und Lanzenspitze.
«Mit dieser Baugrube sind die archäologischen Ausgrabungen in dem Gräberfeld vorläufig wohl abgeschlossen. Insgesamt konnten in diesem kleinen Baugebiet mindestens 50 Alamannengräber in den letzten Jahren untersucht werden. Diese sind für die Ortsgeschichte von grosser Bedeutung, da es sich wohl um den Friedhof einer der Kernsiedlungen des 6. und 7. Jahrhunderts n. Chr. handelt, aus denen Hilzingen im Frühmittelalter entstanden ist. Zeitgleiche Siedlungsfunde konnten bei Probegrabungen nur wenige hundert Meter entfernt im geplanten Baugebiet Steppbachwiesle lokalisiert werden. Dies ist auch aus wissenschaftlicher Sicht ein Glücksfall, da Siedlung und zugehöriges Gräberfeld nur selten entdeckt werden», bewertet Kreisarchäologe Hald die neusten Funde.