Mehr Freiheit ohne Staat?
Die junge FDP hat ein abgetakeltes Schlagwort ihrer Partei ausgegraben: Mehr Freiheit – weniger Staat. (Heinz Schmid Kreuzlingen)
Seit 30 Jahren führen die Banken mit Hilfe ihrer Vertreter FDP u.a.m. in den Parlamenten einen leider erfolgreichen Kampf gegen sinnvolle staatliche Begrenzungen: Trennung der Investmentbanken von den Handelsbanken, höhere Eigenkapitalquoten. Die Finanzkrise von 2008 und die Schuldenkrise der europäischen Staaten waren und sind die Folgen dieser «Freiheit». Seither hat die Finanzwelt die Regierungen der Länder im Griff. Und mit TTIP und TISA soll die Demokratie weiter ausgehebelt werden. Nur der Staat kann die Freiheit der Schwachen wieder vor den chaotischen Kräften eines entfesselten Marktes schützen.
Wofür setzten sich die Vertreter der FDP im Parlament in den letzten Jahren sonst noch ein? Dafür, dass Steuergeschenke an Aktionäre Löcher in die Kassen der Kantone und des Bundes rissen, dass Rentabilitätszwänge die öffentlichen Dienstleistungen kürzten, dass immer mehr öffentliche Dienstleistungen (Post, Radio, Fernsehen, Spitäler, Hochschulen) privaten Firmen und deren Profitmaximierung überlassen werden. Sind das auch unsere Ziele?
Der theoretische Ausgangspunkt des Liberalismus waren die Lehren von Adam Smith und anderen Vertretern der Klassischen Nationalökonomie. Die FDP von heute fusst auf dem Ordoliberalismus: auf den negativen Erfahrungen sowohl mit dem Staatsinterventionismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – und der heute wieder mehr und mehr en vogue ist – als auch mit dem laissez-faire-Liberalismus. Letztere wird im obigen Leserbrief kritisiert. Der Ordoliberalismus sieht in einer politisch gesetzten Rahmenordnung, dem Ordo, die Grundlage für funktionierenden Wettbewerb; aus dem Wirtschaftsprozess selbst kann und soll sich der Staat größtenteils heraushalten. Da gibt es schon Bereiche auch in der Schweiz, wo man sich fragen muss, ob der Staat als Akteur auf dem Markt auftreten muss, wie beispielsweise als Enegie- oder Rüstungsproduzent (Axpo, Ruag sind Staatsbetriebe), bei Banken (mit Staatsgarantie) oder bei der Verteilung von Briefen (Stichwort Briefmonopol). Würde es nicht reichen, die Märkte zu regulieren und die Einhaltung der Spielregeln knallhart zu überwachen? Staatliche Planung der Formen – ja; staatliche Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses – nein. Ziel des Liberalismus ist es, Sozialgedanken und Leistungsprinzip, Ordnungsauftrag und Dezentralismus miteinander auszusöhnen. Dafür hat die FDP die drei Begriffe Freiheit, Fortschritt und Gemeinsinn geprägt. Was ist denn an dem Slogan der Jungfreisinnigen – in diesem Sinne verstanden – so schlecht?
Lieber Herr Schmid
Herzlichen Dank, dass Ihnen unsere Kampagne aufgefallen ist. Erlauben Sie mir, als Kampagnenleiter der Jungfreisinnigen, eine kurze Replik.
Die Jungfreisinnigen sind die politische Kraft, die sich überzeugt für die persönliche Freiheit einsetzt. Wir trauen jedem etwas zu und sind gegen einen überbordenden Staat, der überreguliert und die Bürger bevormundet.
Eine tiefe Steuerbelastung, die Sie in ihrem Leserbrief kritisieren, ist eines unserer wichtigsten Ziele. Denn nur tiefe Gebühren und Abgaben machen den Standort Schweiz attraktiv und erfolgreich.
Während das Volkseinkommen seit 1980 um 150 Prozent zugenommen hat, haben sich die Staatsausgaben verdreifacht. Das Resultat: der Einzelne bezahlt heute 25 Prozent mehr Steuern als anno 1980. Der Schuldenberg aller öffentlichen Haushalte in der Schweiz beträgt aktuell über 200 Milliarden Franken (http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/18/03/blank/key/schulden.html). Die Jungfreisinnigen fordern, dass der Staat in Zukunft wieder schlank wird. Den Steuerzahlenden soll ein Teil ihres Einkommens wieder zur eigenen Verfügung stehen und schlussendlich in die Wirtschaft anstatt in ineffiziente Staatsbürokratie fliessen.
Ach ja, und bitte platzieren Sie doch billige populistische Slogans wie „Seit 30 Jahren führen die Banken mit Hilfe ihrer Vertreter FDP u.a.m. in den Parlamenten einen leider erfolgreichen Kampf gegen sinnvolle staatliche Begrenzungen…“ irgendwo anders. Erstens gibt es keine Parlamente, sondern nur EIN Parlament. Zweitens ist der Kampf gegen staatliche Begrenzungen äusserst sinnvoll. Denn die persönliche Freiheit, ist das höchste Gut, welches wir in der Schweiz haben. Drittens ist der Einsatz für eine starke Wirtschaft äusserst wichtig, da er Arbeitsplätze und Wohlstand sichert. Um beides langfristig zu garantieren, brauchen wir Wirtschaftswachstum. Das erreichen wir nur, wenn wir ihr eine freie Marktwirtschaft bieten, die Steuern tief halten und alle wettbewerbsfeindlichen Strukturen abschaffen; Treu unserem Motto „Mehr Freiheit – Weniger Staat“