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«Otti! Zeig’s ihnen!»

Konstanz – Bekannt ist der füllige Bayer aus Funk und Fernsehen. Als Bulle von Tölz und Pater Braun hat er grosse Sympathien und Quoten erhalten, mit «Ottis Schlachthof» hat er das Kabarett massgeblich geprägt. Aber auch Skandale und Tiefpunkte haben sein Leben begleitet: Vor acht Jahren machte Ottfried Fischer seine Parkinsonkrankheit öffentlich. Doch aufhalten lässt er sich davon nicht, wie er am Donnerstag, 8. Dezember, um 20 Uhr im Stadttheater Konstanz beweisen wird. Im Gespräch mit uns geht es um das Heimkommen, die Deutlichkeit der Sprache und die Osterinseln.

Ottfried Fischer, wie man ihn kennt: am Stammtisch. (Bild: Rittenberg)

Ottfried Fischer, wie man ihn kennt: am Stammtisch. (Bild: Rittenberg)

Kreuzlinger Zeitung: Ottfried Fischer – Ihr Name umfasst ja eine Vielzahl von Charakteren: Schauspieler, Kabarettist, Buchautor, Museumsbesitzer, Bandmitglied. Was schreiben Sie beim Arbeitsamt in das Feld «Beruf»?
Ottfried Fischer: Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ich bin was ich bin und versuche das zu machen, was im Moment gerade Thema ist. «Schwindeliger Entertainer» wäre vielleicht eine angemessene Bezeichnung.

Sie stammen aus einer bäuerlichen Familie. Was sprach dagegen, Landwirt zu werden?
Na, weil man beim Film nicht so schwer heben muss!

Im Jahr 2008 haben Sie sich öffentlich zu Ihrer Krankheit Parkionson bekannt. Warum hält Sie das nicht davon ab, weiter zu machen, manchmal auch mit letzter Kraft?
Weil es geht – die Krankheit lässt das zu. Eigentlich ist Parkinson ganz angenehm für eine Krankheit. Nach einer neuen Einstellung der Medikamente fällt für mich jetzt die Hälfte der Tabletten weg. Das ist wieder lebenswert! Ich möchte so lange am Leben teilnehmen, wie es geht und nicht irgendwann sagen «…hätte ich doch!» Erst wenn ich mit dem Hammer Thesen an Kirchtüren nageln muss und vor lauter Nuscheln nicht mehr verstanden werde, höre ich auf!

Andere Kabarettisten legen viel Wert auf eine deutliche Sprache. Sie scheinen darüber zu stehen. Warum?
Ich höre oft den Vorwurf, dass man mich nicht verstehen kann. Auf den Videos meiner Auftritte sehe ich kein Problem. Die Beiträge sind alle sehr deutlich gesprochen. Daher denke ich, dass es eher am Zuhörer liegt: Ein gutes Kabarettprogramm muss man sich einfach zwei bis drei Mal anhören, um jede Pointe und jede Spitze zu bemerken. Nun liegt es aber in der Natur des Menschen, die Fehler immer bei anderen zu suchen. Wenn also von zwanzig gesprochenen Worten drei bis vier auf der Strecke bleiben, wird ein Genuschele attestiert. Dabei liegt der Fehler an den Ohren, nicht am Mund. Es ist nicht die Undeutlichkeit des Gesprochenen, sondern das Problem der Informationsdichte. Und das kommt dem Kabarett ja nur zu Gute: So müssen die Leute zwei Mal kommen, um alles zu verstehen!

Am 8. Dezember werden Sie in Konstanz mit der Band «Die Heimatlosen» Ihr neues Bühnenprogramm «Wandogo Filosofi» präsentieren. Woher kommt dieser Titel?
Der Titel lässt die Spannung ins Unermessliche steigen. Da denkt sich jeder: Da muss ich hin! Das bietet eine hohe Interpretationsmöglichkeit, der ich gar nichts vorwegnehmen möchte. Es kann alles sein, es geht um die Welt, bis hin in die Unendlichkeit. Man kann die Phantasie spielen und wirken lassen.

Was steht dann auf dem Programm?
Geheimnisvolles, wie «Not only fat man dancing»! An diesem Abend geht es um Schiffbrüchige, die auf einer Kreuzfahrtreise nach Venedig gekentert sind und nun Land suchen.

Waren Sie selbst schon einmal auf einem Kreuzfahrtschiff?
Nein, das habe ich noch nicht gemacht.

Gibt es Dinge, die Sie unbedingt noch erleben wollen?
Ich würde unheimlich gerne auf die Osterinseln. Das muss man sich mal vorstellen: Diese Figuren sind so gross, dass es mehr Menschen gebraucht hätte, um sie aufzustellen, als es auf der Insel Platz hat. Wie sind diese Figuren dann dorthingekommen? Das fasziniert mich. Da blickt man doch gar nicht mehr durch! Zu diesem mysteriösen Ort würde ich gerne einmal reisen.

Sind Sie viel unterwegs?
Ich bin ein Mensch, der gerne reist. Aber ich bin immer nur kurz weg. Das Reisen bedeutet eine Horizonterweiterung, eine Überschreitung von Grenzen. Und dann kann man wieder heimkehren. Das ist ein Gefühl, das viel interessanter ist, als das Gehen.

In der Ankündigung Ihres Programms steht, dass es um das Leben, die Liebe und die Angst vor dem Daheimbleiben geht.
Ja, man schätzt die Heimat oftmals erst, wenn man in der Fremde war. Der Zurückkehrende erlebt dann ein Zuhause, das verändert ist. Daheim ist es am Schönsten, sagt man. Dieses Wissen der Verwurzlung ist existenziell, um in einer bösen Welt zu überleben. Dann geht es auch um die Liebe. An einer Stelle heisst es: Meine Herren, unsere Aufgabe ist es die Liebe zu begleiten. Und einen Reiseführer für die Liebe kann man doch heutzutage gut gebrauchen, oder?

Kann man dieses Heimkehren in Ihrem Fall auch metaphysisch interpretieren? Sie haben in den letzten Jahren einige mediale Skandale und öffentliche Demütigungen erfahren. Wollen Sie von dort wieder zurück kommen?
Es gab einige unschöne Vorfälle in den letzten Jahren und dadurch habe ich durchaus ein Zuhause für mich erkannt: Andere Menschen haben verstanden warum und wie so etwas passieren kann. Das hat bei manchen Schadenfreude ausgelöst, aber auch viel Solidarität. Einmal bin ich an einer Strassenbahn vorbei gelaufen und der Fahrer rief mir zu «Otti! Zeig’s ihnen!» Der Zuspruch der Leute hat mir gezeigt, dass die Bezeichnung «Volksschauspieler» nicht von Ungefähr kommt. Für mich besteht dabei aber immer der Anspruch auf Niveau. Es geht nicht darum, Pointen aus dem Misthaufen zu fischen.

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