Rudi Rakete und der Weihnachtswunsch – Teil 2
Letzte Woche hat Rudi Rakete überlegt was er sich zu Weihnachten wünschen könnte. Nochmal zur Erinnerung: Rudi Rakete ist das beste Kind der Welt, trägt meistens einen alten Zylinder, Cowboystiefel und immer kurze Hosen, auch im Winter. Zusammen mit dem Piratenhauptmann Käpt‘n Schleuder, der Prinzessin Moa und dem Hüpfschwein Nucki wohnt er in einem Haus am Fluss. Moa hast du ja letzte Woche schon kurz kennengelernt. Jetzt bist du vermutlich gespannt auf Käpt’n Schleuder. Und wie die Sache mit dem Weihnachtswunsch von Rudi weiter geht. Na, dann pass mal gut auf!

Käpt’n Schleuder wohnt mit Rudi Rakete und Prinzessin Moa im Haus am Fluss. (Illustration: vf)
Käpt’n Schleuder wohnt noch nicht immer im Haus am Fluss. Eines schönen Tages im Frühling war der gefürchtete Piratenhauptmann mit seinem Kahn am Garten des Hauses von Rudi und Moa vorbei geschippert. Dabei hat er zwischen den Karotten und Bohnenstauden etwas Goldenes blinken und glitzern gesehen. «Endlich mal wieder ein vernünftiger Schatz», dachte er. Schleuder hatte nämlich schon lange keinen anständigen Schatz mehr erobert. Doch natürlich war es gar kein echtes Gold, das dort zwischen den grünen Blättern funkelte. Es war das Haar von Rudi Rakete, das im Sonnenlicht glänzte. Hätte der Pirat das gewusst, hätte er sich nicht mit Säbel und Messern bewaffnet und angeschlichen. Er war schon ganz kurz davor zu brüllen «Ergebt euch, ihr widerlichen Landratten! Und rückt den Schatz raus, hier ist Schleuder, der Schrecken der fünfunddreissig Weltmeere und aller Flüsse, Seen und Pfützen des Universums» – das war nämlich sein Lieblingseroberungsspruch. Aber just als er damit anfangen wollte, erkannte er, dass es doch kein Gold war, sondern das Haar eines kleinen Jungen. Der entdeckte ihn auch in eben diesem Moment. Da stand er nun, der schreckliche Pirat, mit seiner finstersten Miene und erhobenen Messern, bereit zum Angriff, als Rudi sagte: «He hallo! Sind Sie ein echter Pirat? Das ist ja toll! Kommen Sie doch zu uns auf die Veranda, wir haben gerade frischen Apfelkuchen auf den Tisch gestellt!» Schleuder blieb sein schrecklicher Piratenschrei im Halse stecken. Rudi nahm ihn an der grossen Piratenhand und schon sass er auf der Veranda vor einem Stück Kuchen. So ist Schleuder einfach dort geblieben. Bis heute.
Rudi hat einige Tage damit verbracht zu grübeln, was wohl ein geeigneter Weihnachtswunsch sein könnte. Moas Vorschlag mit neuen Socken hat ihn nicht überzeugt, also hat er beschlossen Schleuder zu fragen. Als der Pirat am Abend sein Schiff am Ufer festzurrt, steht Rudi schon ungeduldig am Gartenzaun. Noch bevor der Pirat seinen Stiefel ausziehen kann, er hat nämlich nur einen, rechts trägt er ein Holzbein, platzt Rudi mit seiner Frage heraus: «Schleuder, was wünscht du dir zu Weihnachten?» Der Seemann muss sich erst einmal setzen. Darüber hat er noch gar nicht nachgedacht. Bislang war er im Winter immer irgendwo in der Südsee, wo es weder Christbäume noch Zimtsternduft gab. Und damit auch keine Geschenke. Er hat also keine Ahnung. Ratlos schaut er Rudi an, der ungeduldig auf eine Antwort wartet.
«Was wünscht sich Moa denn?» fragt er, um ein wenig Zeit zu gewinnen. Er will nämlich eine besonders gute Antwort geben. «Neue Socken, wie jedes Jahr», sagt Rudi. Mit neuen Socken kann Schleuder auch nicht viel anfangen, da geht es ihm ähnlich wie Rudi. Zumal er ja nur jeweils einen braucht, wegen des Holzbeins. Somit kommt er mit einem Paar Socken gut über die Runden. Er zieht einfach den linken an, wenn der rechte in der Wäsche ist und umgekehrt.
Plötzlich hat Schleuder aber doch eine gute Idee. «Ich hab’s!» ruft er und springt auf. Rudi schaut ihn gespannt an. «Ich wünsche mir so eine tolle Christbaumspitze, wie wir sie hier auf dem Bäumchen im Wohnzimmer haben!» Moa hat schon den Baum geschmückt und ganz oben ragt eine goldene Spitze, die funkelt und leuchtet, dass es Rudi jedes Mal ganz warm ums Herz wird, wenn er sie betrachtet. «Wir haben doch schon eine. Warum willst du nochmal eine Spitze nur für dich», will er wissen. «Na, das ist doch wohl klar!» entgegnet Schleuder. «Die mache ich am Mast meines Kahns fest. Erstens habe ich dann sowas ähnliches wie einen Weihnachtsbaum an Board und zweitens sehen mich die anderen Schiffe besser, weil der alte Kutter dann strahlt wie ein Leuchtturm!»
Eine fantastische Idee, findet Rudi. Das ist wirklich mal ein guter Wunsch. Daran wird Schleuder mit Sicherheit viel Freude haben und andere Seemänner, die ihm begegnen auch. «Dann wünsche ich mir auch eine Christbaumspitze», ruft Rudi. Schleuder schaut ihn zweifelnd an und fragt: «Und was machst du dann damit?» Darüber hat Rudi sich keine Gedanken gemacht. Er fand den Wunsch so gut, dass er dachte, es wäre auch was für ihn. Verlegen schaut er auf die Spitzen seiner Cowboystiefel. «Keine Ahnung», murmelt er. «Dann müssen wir uns etwas anderes für dich überlegen», sagt Schleuder. Rudi seufzt. Moa konnte ihm nicht helfen und Schleuder auch nicht. Vielleicht sollte er Nucki, das Hüpfschwein, fragen?
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