«Ihr gehört zu unserem Land»
Kreuzlingen – Nina Schläfli ist Gemeinderätin in Kreuzlingen, Kantonsrätin sowie Parteipräsidentin der SP Thurgau. Derzeit ist sie mit der Vorbereitung für die Volksabstimmung am 12. Februar beschäftigt, in welcher unter anderem über die erleichterte Einbürgerung für die dritte Ausländergeneration entschieden wird. Mit uns hat sie die Details besprochen.

Nina Schläfli ist Präsidentin der SP. (Bild: zvg)
Kreuzlinger Zeitung: Frau Schläfli, am 12. Februar steht zur Abstimmung, ob es künftig für junge Menschen, die in der dritten Generation in der Schweiz leben, ein vereinfachtes Einbürgerungsverfahren gibt. Es soll schneller und kostengünstiger sein, den roten Pass zu erhalten. Was bedeutet das genau?
Nina Schläfli: Das lässt sich pauschal nicht sagen, da die Verfahren individuell sind und von den Gemeinden und dem Alter des Antragstellenden abhängen. Grob lässt sich sagen, dass ein Verfahren, das jetzt um die 3000 Franken kostet, bei 500 bis 800 Franken liegt und sich von zwei bis drei Jahren auf ein Jahr verkürzt.
Und wen betrifft das?
Schweizweit sind derzeit in etwa 24 000 Jugendliche zwischen neun und 25 Jahren betroffen. In jedem Jahr werden etwa 3000 Anträge folgen. Auflage ist, dass die Schule oder der Kindergarten fünf Jahre lang besucht werden müssen und der Militärdienst nicht umgangen werden kann. Von den Nationalitäten sind dies zum Grossteil Italiener aber auch Türken, Portugiesen und Spanier.
Eine Werbekampagne der SVP stellt diese Änderung als den Beginn einer «unkontrollierten Einwanderung» dar und bildet Frauen mit Burkas auf ihren Plakaten ab. Was halten Sie von dieser Kampagne?
Das kann ich höchstens als den Versuch einer Provokation auslegen. Hier wird eindeutig mit falschen Inhalten gearbeitet. Die Einbürgerung obliegt einem strengen Verfahren mit festen Kriterien, daran ändert sich weiterhin nichts. Es geht einzig um eine Verkürzung des Behördenweges. Dass hier durch plakative Mittel die Angst vor dem Terrorismus mit der Einbürgerung verknüpft wird, geht am Thema vorbei.
Was beinhalten die Kriterien, die Sie angesprochen haben? Ab wann gilt ein Jugendlicher als integriert?
Geprüft wird hier in erster Linie die finanzielle Situation, also ob jemand in der Lage ist ein selbstständiges Leben zu führen, ohne Sozialhilfe zu empfangen oder verschuldet zu sein. Weiterhin wird das Strafregister geprüft. Auch die Sprachkenntnisse sind ein Kriterium. Die Jugendlichen sind in der Schweiz geboren und gehen hier zur Schule. Sie gehören zu unserem Land und bezeichnen die Schweiz zurecht als ihre Heimat. Daher ist das vereinfachte Verfahren ein wichtiges Signal, das sagt: Ihr gehört dazu!
Gibt es Argumente, die gegen das vereinfachte Verfahren sprechen?
Prinzipiell gibt es keinen rationalen Grund, der dagegen spricht. Es haben sich auch alle Parteien ausser die SVP ausdrücklich für die Vereinfachung ausgesprochen. Sie engagieren sich für ein positives Abstimmungsergebnis. Ein paar Stimmen kritisieren allerdings – völlig inhaltsunabhängig –, dass damit der Föderalismus untergraben werde, da die Entscheidung vom Bund ausgehen würde und nicht mehr von den einzelnen Gemeinden.
Wie schätzen Sie diesen Kritikpunkt ein?
Ich finde das Argument verständlich, allerdings ist eine Vereinheitlichung anders nicht durchführbar. Gerade wenn man auf die geringe Zahl der Anträge blickt, ist es sinnvoll alles von einer Stelle aus zu verwalten. Hinzu kommt, dass junge Leute heutzutage sehr flexibel sein müssen und öfter mal umziehen. Da ist ein kommunaler Bezug eher hinderlich. Bei der Einbürgerung von Ehepartnern wird das Verfahren bereits so gehandhabt und das funktioniert problemlos. Daher habe ich keine Bedenken.
Wie profitiert die gesamte Gesellschaft von einem positiven Abstimmungsergebnis?
Im Interesse der Schweiz ist, dass nicht Minderheiten über Schweizer Bürger regieren, wie es hier in Kreuzlingen mit einem Ausländeranteil von 54 Prozent der Fall ist. Und allgemein muss ein Land, das sich durch die Demokratie auszeichnet, eben diese Prozesse auch stärken. Jungen Menschen muss die Möglichkeit gegeben werden, politisch mitzumachen und ihr Land zu gestalten. Ich persönlich bin um diese Möglichkeit sehr froh.
Wie sehen Sie die Lage der Welt aktuell und was muss sich ändern?
Es ist erschreckend, wenn man die Nachrichten aus Amerika mitbekommt. Oder die Parolen der AfD in Deutschland. Da gilt es, ein Gegenzeichen zu setzen. Dafür ist die Abstimmung am 12. Februar ein geeigneter Zeitpunkt, um dem entgegenzuwirken: Mit einem JA! für die vereinfachte Einbürgerung.