Die Entscheidung fällt im Mai
Kreuzlingen – Der Stadtrat holte gestern ein Stimmungsbild im Gemeinderat ab. Ergebnis: Jetzt müssen mehr Details her. Am 11. Mai soll das Parlament dann über eine Vorlage zur Dauervermietung der Bodensee-Arena an das Fernsehen entscheiden. Im Raum stehen noch zwei weitere Varianten.
Das Schweizer Fernsehen wird seine Antwort bekommen – im Mai. Alle Fraktionen forderten saubere bauliche und rechtliche Abklärungen oder zumindest schnellstens Gespräche aller Beteiligten an einem Tisch, um eine gute Lösung oder einen guten Kompromiss zu finden. Mehrfach rügten die Volksvertreter aber auch die Kommunikationsweise des Verwaltungsrats der Bodensee-Arena.
Dieser sieht im Deal mit dem Fernsehen ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Im Raum stehen acht Jahre je acht Monate Dauervermietung, ab 2019, was rund 500’000 Franken Einnahmen pro Jahr bringen könnte, dafür Abstriche bei der Eisnutzung.
Unklar ist aber, wie dazu der Baurechtsvertrag abgeändert werden muss, denn das muss er. Ob gar eine Zonenplanänderung nötig wäre. Oder wie der Umbau in ein Fernsehstudio mit Energie- und Brandschutzvorschriften konform gehen kann. Und natürlich: Wie schneidet das Angebot in einer genauen Wirtschaftlichkeitsberechnung gegenüber dem gestern bekannt gewordenen Businessplan für ein «Kompetenzzentrum Eissport» ab?
Diesen hatte Andreas Staub, Präsident des EHCKK, in Windeseile ins Rennen geführt und gestern den Verantwortlichen vorgestellt. Auch eine Kompromisslösung ist nicht vom Tisch. Auch sie bedarf weiterer Abklärungen. Etwa wie der Eissport trotz Fernsehen weiterhin in der Halle bleiben kann und wer dafür wie viel investiert.
Kühlen Kopf bewahrt
Hätten alle Fraktionen gestern klipp und klar Nein zum Vertrag gesagt, dann wäre die Dauervermietung vom Tisch – dies hatte Stadtpräsident Andreas Netzle einleitend vorausgeschickt. Jetzt muss eine genaue Ausarbeitung der Unterlagen stattfinden, um dem Gemeinderat im Mai eine solide Basis für seine Entscheidung zu geben.

In der Bodensee-Arena könnte das Eis knapp werden, wenn Verträge mit dem Schweizer Fernsehen über eine Dauervermietung real werden. (Bild: sb)
Für die SP-Fraktion steht fest, an der Doppelnutzung Eis und Events festzuhalten. Sie wird einer Anpassung des Baurechtsvertrags nur schwerlich zustimmen, liess Ruedi Herzog wissen. «Mindestens der September muss weiterhin für Halleneis zur Verfügung stehen.» Er sparte ebenso wie Daniel Moos nicht mit Kritik am Verwaltungsrat der Eis- und Eventhalle. «Das war nicht zu Ende gedacht», war dem Votum der Freien Liste/Rägäbogä zu entnehmen. «So beunruhigt man die Leute.» Seine Fraktion stehe einem Vertrag mit dem Fernsehen kritisch gegenüber.
Schlechte Noten
Auch die SVP räumte ein, dass da Fehler in der Kommunikation passiert seien. Gemäss Fabian Neuweiler sei ihr aber hingegen am Businessplan der Sportler zu wenig Fleisch am Knochen. «Die Vermietung ans Fernsehen steht für uns im Vordergrund», tat er die Meinung seiner Fraktion kund. «Aber dazu muss das Ausseneisfeld aufgewertet werden. Einheimische Vereine müssen Vortritt bekommen.»
Gegen einen Schnellschuss sprach sich die CVP aus. «Uns fehlen handfeste Unterlagen und die Zeit ist zu knapp», so Elmar Raschle. «Das Herz der CVP schlägt eher für den Sport, aber wir sind offen für einen Kompromiss.»
Alle Beteiligten zusammenbringen will die FDP/EVP-Fraktion. «Mit viel Einsatz und gesundem Menschenverstand kann für alle eine nachhaltige Lösung gefunden werden», vertrat Christian Brändli die Fraktionsmeinung.
In ihren persönlichen Voten brachen dann noch René Knöpfli (FDP) und Cyrill Huber (SP) eine Lanze für den Sport. Knöpfli offenbarte sich durch zahlreiche Analogien in den Eishockeysport als Kenner. Mit treffenden Worten zielte er auf die Glaubwürdigkeit einer Exekutive, die sich mal den Sport auf die Fahne schreibe, dann aber zulasse, wenn der Eissport verdrängt werde. Sein Fazit fiel vernichtend aus: «Gebt den Vetrag in den Sondermüll, denn er ist toxisch.» Und Huber zitierte sich selbst aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom November 2014: «Ein Eissportverein ohne Halleneis von Mitte August bis in den Oktober hinein, für die Vorbereitung auf die Saison, ist der Tod des Eissports.»
Dass der Verwaltungsrat der Bodensee-Arena für seine Kommunikation so stark kritisiert wird, verwundert. Nach Eingang der Anfrage des Schweizer Fernsehens habe ich sofort den Stadtrat informiert. Wir haben dann die Anfrage zusammen mit der Geschäftsleitung bewertet und Kompromisslösungen für den Eissport (Verbesserung des Ausseneisfeldes, Sicherstellung der Eisproduktion im September) und für den öffentlichen Eislauf (neues, zusätzliches Angebot, ähnlich wie „Eis im Park“ in Schaffhausen) gefunden. Das habe ich zwei verschiedenen Kommissionen des Gemeinderats präsentiert und mit ihnen diskutiert. Aussendem haben wir persönliche Gespräche mit den Hauptnutzern (Eissport, Sportschule) geführt. Dass der Inhalt der Kommunikation, nämlich die Anfrage des Schweizer Fernsehens, die Interessengruppe des Eisports nicht erfreut, kann ich nachvollziehen, nicht aber die pauschale Kritik, der Verwaltungsrat hätte schlecht kommuniziert.
Herr Mölleney, Ich verstehe Sie nicht. Als Verwaltungsrat der Bodensee-Arena müssten Sie ganz einfach für eine ganzjährliche Nutzung der Bodensee-Arena für Eissport sein. Vergleichen Sie: Frauenfeld hat eine Halle, Weinfelden hat eine Halle, Romanshorn hat eine Halle, Schaffhausen hat eine Halle, Winterthur hat eine Halle. Kreuzlingen hat zusätzlich das Einzugsgebiet des nahen Auslandes (Konstanz), welches keine Halle hat. Weshalb schaffen es alle anderen Städte, die Halle bereitzustellen, aber Kreuzlingen schafft es nicht? In der Halle zu trainieren ist im Winter sehr viel angenehmer als auf dem Aussenfeld. Kreuzlingen besitzt ein grosses sportliches Angebot, was soll sich bitte schön während den letzten 20 Jahren geändert haben, so dass die Halle nicht mehr für den Sport benötigt würde? Eine Analyse der Hallennutzung Bodensee-Arena während den vergangenen 20 Jahren hat ergeben, dass die Nachfrage nach Halleneis weiterhin sehr gross ist.
Die Bodensee-Arena ist kein Zürcher Fernsehstudio für deren unterhaltungsbedürftige Kundschaft! Die Sportanlage auf Klein Venedig ist vorerst – zusammen mit dem Ausseneisfeld – eine Einrichtung für den Eislaufsport in seiner ganzen Breite. Für Stadt und Region liegt hier ein (grenzenloses) sportliches Betätigungsfeld vor, das gesellschaftlich von der einsamen Schlittschuhläuferin/vom einsamen Schlittschuhläufer, von Kindern, Jugendlichen, von Familien, vom pädagogisch orientierten Schulsport, vom Schul-Leistungssport, bis hin zu den vielen Aktvitäten freier bis vereinsorganisierter Körperschaften mit deren leistungssportorientierten Kunsteislauf- und Eishockey-Ambitionen, sowie anderen eissportlichen Möglichkeiten reicht.
Das „Stimmungsbild im Gemeinderat“ zeigt, dass nur ein kräftiger Schnitt „pro Eissport“ Ruhe schaffen kann. Derzeit ist die Lage noch verworren, nicht zuletzt durch fehlende Kommunikation. Der Rat diskutierte gestern über etwas, das er im Kern gar nicht sachlich erfassen konnte, liegen doch noch viele Details im Dunkeln. Und so entstand dann eben ein individuelles Stimmungsbild, das von „Kreuzlingen first“ (Neuweiler SVP!), zur klaren Kante für den Sport (Knöpfli EVP, Huber SP) und einem „Wischiwaschi“ (Raschle CVP, „Herz schlägt eher für den Sport, sind aber offen für einen Kompromiss“), bis hin zu fast Staatstragendem der Brändli-FDP/EVP-Fraktion reichte („Einsatz, Menschenverstand, nachhaltig“).
Kreuzlingen hat wiedermal zu beweisen – auch der Agglomeration! -, dass es kein „gespaltenes Verhältnis zum Sport“ besitz, wie sich dies noch jüngst beim „Egelsee“ zeigte, wo ebenso alle möglichen (und unmöglichen) Argumente aufgeführt wurden, eine Sport- und Freizeitart zurück zu stellen. Letztlich geht es eben auch um Glaubwürdigkeit, ob man in den eigenen Mauern – neben dem Ermöglichen einer sportlichen Tätigkeit für jedermann – auch dem anspruchsvollen Leistungsport Trainings- und Wettkampfstätten zur Verfügung stellt, wo sich Sportler unter realen Bedingungen zur Auseinandersetzung mit Gegnern schulen zu können, so die Stadt nach aussen auch sportbezogen gut vertreten. Nicht zuletzt ist an die vielen Ehrenamtlichen in den Vereinen zu denken, welche für die Stadt und die Agglomeration auf der sportlichen Ebene tätig sind. Deren Einsatz ist grossartig. Mit vorzüglichen Sportanlagen werden auch sie honoriert, ebenso alle, die bei sich den allgemein gesundheitlichen und gesellschaftlichen Aspekt sportlicher Betätigung erkennen.
Sehr geehrter Herr Neidhart
es ist doch immer wieder ein Rätsel wie sie alles wissen und darlegen können. Der Eissport hatte es in den letzten Jahren
nie zustande gebracht, die Halle selbstragend zu finanzieren! Nach Ihrer Aussage wollen Sie weiterhin dass die Stadt 400`000.00 + 100`000.00
auf dem Buckel der Steuerzahler finanziert! Dies kann man doch getreu sagen von Ihrer Seite aus! Ich bin kein Verfechter des Eissports und habe auch selbst in der Jugend die Halle viel genützt aber die Zeiten haben sich, wie auch die der jugendlichen stak verändert! Der Eissport darf nicht verloren gehen in Kreuzlingen da stimme ich Ihnen vollkommen zu, aber zur Finanzierung brauchen wir schlicht und einfach das SRF. Das Volk wird sicher nicht nochmal ein JA in die Urne legen wenn es um die Erhöhung der Ausfallsdeckung geht. Gleichzeitig habe ich auch die Bedenken dass die, die Nein Stimmen werden in der Mai Sitzung des Gemeinderates, wenn es um die Wurst geht von Ihrer Stimmabgabe nichts mehr wissen. Wir müssen die Halle retten und das können wir nur, wenn wir Volkswirtschaftlich denken und über den Zaun hinaus schauen.
Sehr geehrter Herr Marc Portmann! Dass es in der Schweiz ohne SRF keinen Eissport geben würde, ist kaum anzunehmen. Die Frage lautet somit allgemeiner: Wie finanzierbar ist Sport in der heutigen Zeit, wenn man Sport – besonders das Bereitstellen von Sportanlagen – als eine wichtige gesellschaftliche Äusserung des Zusammenlebens betrachtet. Und dass Sport einer Stadtgemeinschaft „etwas kostet“, ist hinlängst bekannt (Auch das anvisierte Hallenbad unter der Regie der Schulgemeinde wird „etwas kosten“). So stellt sich denn die elementare Frage, um auf das städtische Eisangebot zurück zu kommen, wie denn eine Stadtgesellschaft diese Aufgabe anzupacken gedenkt. Daran ist zu arbeiten.
Grundsätzlich gilt: Die Halle ist damals zu gross geraten. Und nicht mal ihr Standort ist dauergesichert. Das sind entscheidende Überlegungen, die sich heute aufdrängen. Der Eislaufsport braucht eine Perspektive für die kommenden 30-40 Jahre. Es liegt entsprechend an der Stadt, Möglichkeiten aufzuzeigen, eine verlässliche Zukunft für die gesamte eissportbegeisterte Bevölkerung – ob vereinsoriemtiert oder in freier sportlicher Betätigung – garantieren und finanzieren zu können. Eislaufsport hat in Kreuzlingen eine Geschichte! Und dann ist da noch das „Grenzüberschreitende“: Konstanz ist damals aus der Arena ausgeschieden. Gleichzeitig wir die Anlage weiterhin sehr gut von „enet de Grenze“ frequentiert. Das ist nur eine der vielen Überlegungen, die sich bei einer Neustrukturierung des Eislaufsport in Kreuzlinegn/Konstanz neu aufdrängen kann. Sie ist auch im Zusammenhang mit dem Agglomerationsprogramm beider Städte zu hinterfragen, auch wenn vorerst dessen Zielsetzung nur verkehrstechnischer Natur sein sollte. Aber alles hängt schliesslich zusammen, bezieht man das Zusammenleben in einer „Agglomeration“ auf alle Lebensäusserungen der Bevölkerung. So sollte es eigentlich sein.