Stadtpräsident tritt zurück
Kreuzlingen – Stadtpräsident Andreas Netzle hat seinen Rücktritt auf den 31. Juli angekündigt. Der Zeitpunkt für einen Wechsel in die Privatwirtschaft sei gekommen und er möchte das Amt in Hinblick auf das geplante Stadthaus abgeben.
In einer persönlichen Mitteilung an die Medien zieht Andreas Netzle Rückblick über seine Legislatur und den Zustand der Stadt Kreuzlingen.
Am 3. April 2017 habe ich beim zuständigen Departement für Inneres und Volkswirtschaft mein Entlassungsgesuch auf den 31. Juli 2017 eingereicht. Nach zehn Jahren im Amt des Stadtpräsidenten von Kreuzlingen habe ich mich entschlossen, das politische Mandat zu beenden und wieder in der Privatwirtschaft tätig zu sein. Ich hatte mir als Ziel drei Legislaturperioden gesetzt, sehe jetzt aber den richtigen Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen. Dies nicht zuletzt auch, damit mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin das jetzt in der Projektierung stehende Stadthaus-Projekt in den nächsten vier Jahren bis zur Fertigstellung kontinuierlich begleiten kann.
Zum Stadtpräsidenten wurde ich am 26. November 2006 gewählt und seither zweimal ebenfalls im ersten Wahlgang wiedergewählt. Die Stadt hat in dieser Zeit eine von der überdurchschnittlichen Bevölkerungszunahme angetriebene dynamische Entwicklung erfahren. Dabei erwies sich der auf über die Hälfte der Einwohner angewachsene Anteil der Ausländer als besondere Herausforderung. Die Kreuzlinger Bevölkerung kann auf ihre im Alltag gelebte Internationalität stolz sein und dient schweizweit als Beispiel gelingender Integration.
Der Standort unmittelbar an der Landesgrenze löste in den letzten Jahren eine starke Nachfrage nach Bauland und damit eine intensive Bautätigkeit aus, die das Gesicht der Stadt nachhaltig verändert und ihr allmählich einen urbanen Charakter verleiht. Die Zentrumsentwicklung war denn auch eines meiner vordringlichen Ziele. Mit der Zustimmung des Stimmvolks zum grössten je geplanten Infrastrukturprojekt der Stadt – der Neubau des Stadthauses mit Tiefgarage und Gestaltung Festwiese – wurde ein wichtiger, ja historischer Meilenstein erreicht.
Als Verantwortlicher für die Stadtfinanzen war es mir wichtig, den Haushalt geordnet und transparent zu führen, das Kostenbewusstsein zu fördern, ein professionelles Controlling zu betreiben und damit die Voraussetzung für notwendige und sinnvolle Investitionen zu schaffen. Die Stadt verfügt heute über eine solide finanzielle Basis, die sogar eine Steuersenkung zuliess. Dabei gilt es aber auch in der aktuell komfortablen Situation grosser Überschüsse zwischen notwendigen und wünschbaren Ausgaben zu unterscheiden und Prioritäten zu setzen.
Insgesamt befindet sich Kreuzlingen in einer ausgezeichneten Verfassung. Dazu tragen Einheimische wie Zugezogene gleichermassen bei. Für ein gutes Funktionieren sorgen insbesondere auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die kundenorientiert und kostenbewusst arbeiten und in allen Abteilungen täglich einen tollen Job machen.
Ich werde mich im Rahmen der Bundesfeier der Stadt am 1. August auf der Besmerwiese von der Kreuzlinger Bevölkerung verabschieden.
Ein logischer Entscheid! Viel ging im Rückblick nach hinten los oder bleibt ungelöst oder unbefriedigend: Vom Busbahnhof über das Hallenschwimmbad, vom Parkhaus Klein Venedig zur Romanshornerstrasse, die jahrelange Öde in der Nähe des Löwenplatzes im Stadtzentrum ist nach wie vor fatal, usw. Und die Hauptstrasse, der so genannte „Boulevard“, bleibt weiter ein künstliches Konstrukt, das nicht befriedrigen kann. Auch haben sich nur gerade mal rund 50 Prozent der Abstimmenden für sein absolutes Lieblingsprojekt entschieden: Das Heraustrennen des Stadthauses aus dem Geschäfts- und Begegnungsmittelpunkt Hauptstrasse und dem beabsichtigten Umsiedeln auf die aus der Geschichte gewachsenen Freifläche vor dem Stadtmerkmal Klosterkirche. Dieses Geschehen hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass in Kreuzlingen jenes Geschichtsbild kaum in Permanenz vermittelt wird, dass das Kreuzlinger Siedlungsgebiet letztlich seine Wurzeln aus der Tiefe eines christlichen Mittelalters bezieht. Auch eine sich modern gebende Stadt, zumal in ihrer Entwicklung überaus multikulturell geworden, was ja richtig ist, kommt auf Dauer ohne ein verankertes Geschichtsbewusstsein nicht aus. Das Kreuzlinger Wappen mit der entsprechenden Blasonierung stellt dieses Bewusstsein noch immer markant dar. Doch das Zeichen ist so ziemlich aus der Stadt verbannt und muss oft einer „moderneren Darstellung“ weichen – selbst im Internet! Andere Städte haben aus dieser Sicht einen stolzeren Bezug zur Vergangenheit!
Es ist gut, dass nun ein neuer Wind entstehen kann – entstehen könnte! -, um die vielen „Stadt-Baustellen“ konkreter anzugehen. So etwa – um nur wenige zu nennen -, die ungelösten Verkehrsfragen/etwa Südumfahrung, Anstehendes, das sich auf Klein Venedig bezieht (zukünftige Verlegung von Sportanlagen und attraktive Gestaltung dieser öffentlichen Uferzone), ein vergrössertes Hallenschwimmbadangebot, die omnipotente Parkplatzfrage in der gesamten Stadt, die „Velofrage“, die Ausbildung eines echten Zentrumkonzepts Hauptstrasse, z.B. mit einer modernen Stadtbibliothek als „geistigen Ort“, ein zentraler Jugendtreff inmitten der Stadt, eine kreative Belebung der City-Gewerbeszene, Kultur in der „Alten Molki“, usw. Vieles was zu einem Stadterlebnis gehört, wurde durch die Konzentration auf „Bevölkerungszuwachs“ in den Hintergrund gedrängt. Äusserer Zuwachs ist das eine, die gleichzeitig innere (kulturelle, gesellschaftliche, gewerbliche) Entwicklung das andere. Alles gehört zusammen. Daran hat „der Neue – oder die Neue!“ kreativ und zielgerichtet zu arbeiten. Eine zentrale Aufgabe zur Zukunft von Kreuzlingen als Stadt. Und nicht zu vergessen: Eine überzeugende konkrete Zusammenabeit mit der Nachbarstadt als europäische Notwendigkeit durch die Grenzlage. Zu guter letzt: Wie wärs mit einem attraktiven bürgerlichen „Gasthaus zum Alten Stadthaus“ inmitten der Stadt? Ein Frevel?