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Diskussion um Glockenschlag

Kreuzlingen – In Kreuzlingen wird das Thema «Glockenlärm» immer wieder emotional diskutiert. Zurzeit sind drei Beschwerden hängig. Beispiele, wo Kirchen ihren nächtlichen Stundenschlag abstellten, sind Weinfelden oder Sirnach.

Mit diesem Titelbild erzürnten wir 2010 einige Leser. Damals hatten die Glocken von St. Ulrich Anlass zur Beschwerde gegeben. (Bild: archiv)

Für manche sind Kirchenglocken Lärmverursacher, eine akustische Nötigung gar, der man sich nicht entziehen kann. Die anderen schätzen sie aus Tradition, zur Orientierung oder aus Heimatgefühl. Selten, aber immer öfter, haben Geplagte Erfolg mit ihren Klagen. Massnahmen betreffen meist den sogenannten «Stundenschlag», aber nicht das teils mehrere Minuten dauernde liturgische Geläut, welches Gottesdienste oder Anlässe ankündigt.

Im Thurgau war dies schon in mehreren Gemeinden der Fall. In Weinfelden legen die Glocken der Evangelischen Kirche im Zentrum seit 2010 Nachtruhe ein – für die Verantwortlichen eine pragmatische Lösung unter der Bedingung, dass die katholische Kirche weiter läutet. In Sirnach haben Reformierte und Katholiken den nächtlichen Glockenschlag vollständig abgestellt. Die evangelische Gemeindeversammlung entschied sich 2015 dafür, nachdem sich eine Anwohnerin beschwert hatte. Bei der katholischen Kirchgemeinde war die Vorsteherschaft für den Entscheid zuständig.

Drei Beschwerden
Auch in Kreuzlingen sind die Glocken wieder Thema: Gegen das Gebimmel von St. Stefan, St. Ulrich und jetzt auch der evangelischen Kirche sind jeweils Beschwerden bei der Bauverwaltung eingegangen, berichtet die Thurgauer Zeitung. Weil die Tägerwiler Firma Sinus AG in Emmishofen im Auftrag der Kirchenbehörde zu hohe Lautstärke festgestellt hatte, verzichten die Katholiken seit März zwar nicht auf den Stunden-, aber auf den Viertelstundenschlag beider Kirchen von 22 bis 6 Uhr. Damit will die Vorsteherschaft dem Beschwerdeführer entgegenkommen.

Bei den Reformierten könnte es bald eine ähnliche Massnahme geben. Dass der Klang der Glocken in der Nacht indes ganz abgestellt wird, ist unwahrscheinlich: Dies war bereits 2014 Thema der evangelischen Gemeindeversammlung. Mit 33 Nein zu 28 Ja lehnte die Versammlung den entsprechenden Antrag mehrheitlich ab.

Die erwähnten Beispiele zeigen, dass Kirchenleute pragmatisch mit dem Thema umgehen. So teilt Urs Brosi, Sekretär der Katholischen Landeskirche Thurgau, auf Anfrage mit: «Der Stundenschlag ist keine kirchliche, sondern ein rein praktisch-weltliche Angelegenheit. Als Kirche hängen wir nicht daran. Aber für etliche, gerade ältere Menschen ist der Stundenschlag wichtig, wenn sie nachts schlaflos im Bett liegen, da die Glocke nicht nur die Zeit angibt, sondern ihr Klang auch beruhigend wirkt. Wenn der Stundenschlag aber über dem für die Nacht zulässigen Schallpegel liegt oder von der Mehrheit der Menschen als Nachtruhestörung empfunden wird, muss oder soll die Kirche diesen abstellen.»

An der katholischen Kirchgemeindeversammlung vom 22. Mai wird zum Thema informiert. Die evangelische Kirchgemeindeversammlung findet am selben Abend statt.

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2 thoughts on “Diskussion um Glockenschlag

  1. Reto Meier

    Wie wäre es mit einer Befragung aller Kreuzlinger? Wahrscheinlich traut sich die Kirche nicht, da zu Tage kommen wird, dass die Mehrheit komplett auf das Gebimmel verzichten kann.

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  2. Bruno Neidhart

    Wenn jemand das Schlagen von Kreuzlinger Kircheglocken als „Gebimmel“ abtut, wie dies Reto Meier und andere umschreiben, ist eine solche Aussage gesellschaftlich von ziemlicher Tragweite mit der einfachen Fragestellung: „Woher kommen wir – Wohin gehen wir“. Nicht alles Überkommene ist ultimativ dem „Kübel der Geschichte“ zu übergeben.

    Antworten

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