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«Ich bin kampfmüde»

Kreuzlingen – Im September des vergangenen Jahres berichteten wir über Olga K. und ihren Alltag als geschiedene Frau und alleinerziehende Mutter («Der Kampf um die Freiheit»). Gestern war am Bezirksgericht in Kreuzlingen eine weitere Verhandlung ihres Falles. Olga K. hofft, dass es die letzte ist.

Olga K. streitet seit vier Jahren vor Gericht um Alimente. (Bild: zvg)

Im Gerichtssaal des Bezirksgerichts Kreuzlingen ist die Anspannung am Morgen des 1. Junis spürbar. Das Ende einer Ehe wird verhandelt. Zum wiederholten Male. Gegenüber vom Richtertisch sitzen die ehemals Verheirateten, die Stimmung ist frostig, es wurde kaum gegrüsst. Olga K. legt dem Gericht E-Mails vor, die sie in den vergangenen Jahre von ihrem Exmann erhalten hat. Darin steht, dass er sich nicht in der Pflicht sieht, die Schulden zu bezahlen.

Richter Jürg Roth ist nicht als Familienrichter tätig, es handelt sich heute um ein ziviles Verfahren. Das erklärt er beiden Parteien nach der Anhörung des jeweiligen Standpunktes. «Man merkt, dass hier viele Emotionen im Raum sind, was selbstverständlich ist bei einer Scheidung. Aber das interessiert mich heute nicht. Es geht um Zahlungsforderungen und die rechtliche Grundlage, das muss heute entschieden werden», so Roth.

«Es interessiert mich nicht» – ein Satz, der mehrfach fällt an diesem Morgen. Was wer wann bezahlt oder gekauft haben soll, wer sich in welcher Verantwortung fühlt und welche Enttäuschungen in die Gesichter der Streitenden geschrieben stehen – das interessiert heute nicht. Es geht um ein Scheidungsurteil und dessen rechtliche Gültigkeit.

Wer hat Recht?
Olga K. hat nach der Trennung im Jahr 2013 beim Sozialamt Geld bezogen, da sie das Existenzminimum für sich und ihre Kinder trotz 100-Prozent-Stelle nicht erreichen konnte. Eine ausreichende Unterstützung von Seiten des Exmannes blieb aus. Dieser sieht die Sachlage anders. Er habe immer Geld bezahlt und wenn seine Exfrau nicht dazu in der Lage sei, damit auszukommen, sei das ihr Problem. Vor Gericht erwähnt er den Ratschlag seines Anwalts: «Bezahle nicht die volle, vom Familiengericht festgelegte Summe, sondern behalte erst einmal zurück, was du für dich brauchst», habe dieser ihm explizit geraten. Interpretationssache bleibt auch hier, was ein «Existenzminimum» ist.

Richter Roth schlägt den beiden Geschiedenen einen Vergleich vor. Der Exmann solle einen Bruchteil der Sozialschulden übernehmen. Olga K. lehnt diesen Vorschlag ab. Ein Urteil erfolgt daraufhin nicht, dieses wird per Post zugestellt. «Ich bin kampfmüde und möchte einen Schlussstrich unter die Sache ziehen, so Olga K. Wir werden berichten, wann dieser erfolgt.

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