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Ein Ort voller Geschichten

Kreuzlingen – Seit knapp vier Jahren ist der Hauptzoll nun für Autos geschlossen. Nur noch Fussgänger und Fahrradfahrer können hier die Grenze passieren. Die ungenutzte Fläche erhält nun einen informativen Charakter: Mit der Ausstellung «Grenzgeschichten» werden in den kommenden Monaten wissenswerte Fakten rund um die Länderlinie präsentiert.

Daniel Bruder und Claudia Thom planen die Ausstellung am Zoll. Bild: vf

Wussten Sie schon, dass im Jahre 1125 nahe am Hauptzoll das Kloster Kreuzlingen gegründet wurde, von dessen Namen «Crucelin» die spätere Bezeichnung «Creuzlingen» stammt? Und wussten Sie auch, dass 1414 der Papst Johannes XXIII. vom Arlberg kommend die Nacht vor der Konzilwahl dort im Kloster verbrachte? Oder ist Ihnen bekannt, dass die Schweiz im Jahr 1980 eine «Zeitinsel» war? In Deutschland war die Sommerzeit bereits eingeführt und somit musste am Zoll die Uhr verstellt werden. Von solch Geschichten von der Grenze gibt es noch viel mehr zu berichten.

Berühmte Persönlichkeiten
Einige Personen mit Rang und Namen haben hier in vergangenen Zeiten die Linie zwischen den Ländern übertreten: Im Jahr 1836 Louis Napoléon Bonaparte, der spätere französische Kaiser Napoleon III. Und auch Napoleons I. Stieftochter und Ex-Schwägerin Hortense de Beauharnais flanierte hier vorüber. Ein wenig später war Sigmund Freud bei den Binswangers im Sanatorium Bellevue zu Gast, ebenso wie seine berühmteste Patientin Bertha Pappenheim alias «Anna O.». Aber auch berüchtigte Freiheitskämpfer passierten die Grenze: so zum Beispiel der Konstanzer Kaufmann Karl Zogelmann 1848/49 oder Georg Elser, der 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Attentat auf Adolf Hitler verübte und floh. Er kam bis vor die Schweizer Grenze und wurde hier festgenommen. In einer historischen Ausstellung werden nun mit zwölf Tafeln die Geschehnisse

zwischen Kreuzlingen und Konstanz in einer Zeitspanne von 1125 bis 1980 beleuchtet.
Der Historiker Daniel Bruder hat die Inhalte der Tafeln kuratiert. Neben Bildern finden sich kurze Texte, die im Vorübergehen gelesen werden können oder zum Verweilen einladen. Somit wird dem verlassen erscheinenden Ort eine neue Funktion zugesprochen. Hat der Historiker im Laufe seiner Recherche Neues erfahren? Hat er: «In der Zwischenkriegszeit gab es ein strenges Reglement für die Warenmitnahme. Beispielsweise war es erlaubt eine Zigarette über die Grenze zu importieren, aber nur wenn diese angezündet war.» Claudia Thom vom Departement Gesellschaft in Kreuzlingen freut sich, dass die Ausstellung für einen längeren Zeitraum angedacht ist. Bis ins Frühjahr 2018 werden die Tafeln an der Grenze zu sehen sein und den vor-übergehenden Passanten eine kurze Lektüre über vergangene Zeiten mit auf den Weg geben.

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