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Kreuzlingen goes Silicon Valley

Kreuzlingen – Eine Sensation für ein Unternehmen in Kreuzlingen wird nun Realität: Seit Montag können Bestellungen aus der Apple App «Fotos» direkt bei ifolor in Kreuzlingen gedruckt werden. Was die Anbindung an Apples Foto App für das Kreuzlinger Familienunternehmen bedeutet, berichtete uns CEO der Ifolor AG Filip Schwarz.

CEO von ifolor Filip P. Schwarz. (Bild: Michel Canonica)

Anfang Januar kam der Anruf aus Cupertino, Silicon Valley. Kalifornien, Firmensitz des Milliardenkonzerns Apple. Es ging um die Anfrage einer Zusammenarbeit. «Zunächst dachten wir, es würde sich um einen Scherz handeln», so Filip Schwarz, CEO beim Fotounternehmen ifolor. Aber es war keine versteckte Kamera, es war tatsächlich Apple und das Angebot war durch und durch ernst gemeint. So ernst, dass 20 Mitarbeiter von ifolor seit Januar ausschliesslich an dem grossen Deal arbeiteten, obwohl lange nicht klar war, ob es wirklich klappt. Wie eine Bewerbung an Apple aussieht, wollten wir wissen. Filip Schwarz lacht. «Bei Apple bewirbt man sich nicht. Man wird angerufen.» Der Konzern wurde auf die ifolor-App aufmerksam, da diese in derselben Programmsprache geschrieben ist, die auch Apple nutzt. Hinzu kommt, dass die Schweiz ein guter Markt für Appleprodukte ist. Der Anteil der iPhones liegt hierzulande bei 41 Prozent, weltweit sind es 13,7 Prozent. Auch im Segment der Tablets und Laptops ist die Marke mit dem Apfel führend.

Apples Senior Vice President Craig Federighi präsentierte die neuen Drittanbieter der Apple Fotos-App: auch das Logo von ifolor war dabei. (Bild: zvg)

Im Juni gab Apple an seiner Entwicklerkonferenz im kalifornischen San José die Sensation bekannt: ifolor ist einer von fünf Drittanbietern, der direkt mit dem Apple-Betriebssystem verlinkt ist. «Als Craig Federighi, Senior Vice President bei Apple, unser Logo auf der Bühne zeigte, war das gewaltig. Das sind Herzschlagmomente», so Schwarz:

«Es ist wie bei einem guten Foto: Es entsteht nicht selten durch Zufall. Man muss aber bereit sein, im richtigen Moment abzudrücken.»

Nun zieht der Wind aus der kalifornischen Wüste also durch Kreuzlingen: ifolor, das Thurgauer Traditionsunternehmen wurde vor über 56 Jahren vom Grossvater unter dem Namen «Photocolor Kreuzlingen» gegründet und entwickelte vor allem analoge Fotofilme. Heute macht dieser Teil noch rund ein Prozent des Gesamtumsatzes aus. Der Fokus liegt auf der digitalen Fotografie. 350 Millionen Fotos laufen bei ifolor jährlich durch die Druckerpressen. Filip Schwarz ist seit zwei Jahren CEO der Ifolor AG, die geschätzt 150 Millionen Umsatz erzielt. Sein Bruder Hannes ist für die Finanzen zuständig. Auch hier macht sich die Anbindung an Apples Foto App für mac­OS High Sierra künftig bemerkbar: Weitere 20 Millionen Franken Umsatz werden erwartet, wenn halb Europa aus der Schweiz und Finnland beliefert wird.

Mit dem «ifolor Designer» lassen sich Erinnerungen festhalten. (Bild: zvg)

Fotogeschenke von ifolor
Und nun ist es also soweit: Am Montag führte Apple sein neues Betriebssystem macOS High ­Sierra ein. Neu ist nun, dass man über die Apple-App «Fotos» (Nachfolger von iPhoto), direkt bei ifolor bestellen kann. So können Bilder direkt aus der Fotocloud vom Laptop zu Wanddekorationen und Fotogeschenken wie Tassen, Fotodisplays oder Smartphonehüllen verwandelt werden. Wer keinen Mac nutzt, kann die Dienste mit dem «ifolor Designer» nutzen. Dieser steht auch für das Betriebs­system Windows kostenlos zum Download verfügbar.

Auswirkungen auf die Zukunft
Das Kreuzlinger Familienunternehmen mit heute 270 Angestellten (180 in Kreuzlingen, 90 am Zweitstandort in Finnland), verändert sich. Schwarz hat die Vision aus dem Konzern ein Unternehmen zu gestalten, das mit Firmen wie Google, Amazon oder Facebook mithalten kann. Daher gibt es auch einen neuen Standort in Zürich. Für Software-Entwickler und E-Commerce-Profis auf diesem Niveau braucht es Büroräume und Arbeitsbedingungen, die «sexy» sind. In Zürich findet sich eine grosse Bar im Zentrum der neuen Räume und Schwarz lebt seinen Mitarbeitern vor, was er sich unter einem zukunftsorientierten Betrieb vorstellt: zweimal wöchentlich nimmt er sein Baby mit ins Office – und das soll kein Privileg des Chefs sein. Es geht ihm um Freiheit im Denken und eine entspannte Arbeitsatmosphäre. Eine Auslagerung in Billigproduktionsländer kommt für Schwarz nicht infrage, lieber nimmt er eine Automatisierung der Arbeitsprozesse in Kauf:

«Ein Unternehmen muss gesund bleiben für die Menschen, die darin arbeiten. Lieber eine hohe Technologisierung, als ein Wegfallen aller Arbeitsplätze.»

Von der Integration erhofft Schwarz sich auch eine breitere Forschung. Seine Angestellten arbeiten an Zukunftsideen, wie die Fotowelt aussehen könnte, wenn sie sich eines Tages komplett in den digitalen Raum verlagert.

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