Schlagabtausch der Stapi-KandidatInnen
Kreuzlingen – Das Podium der Quartiervereine zu den kommenden Stadtpräsidiums-Wahlen bot eine gute Möglichkeit, die Kandidatin und die Kandidaten kennenzulernen oder mehr über deren Programm zu erfahren.

Das Publikum verfolgte die Diskussionen gespannt: (V.l.) Edith Wohlfender, Ernst Zülle, Jörg Stehrenberger, Thomas Niederberger, Moderator Urs Brüschweiler, Alexander Salzmann, David Blatter. (Bilder: E. Keller)
So voll war es im Dreispitz-Saal anlässlich einer politischen Veranstaltung wohl selten gewesen. Rund 450 Personen kamen am Dienstagabend, um zu prüfen, wie die Anwärter auf die höchste Stelle in der Kreuzlinger Lokalpolitik denn so ticken, was sie verkaufen wollen und vor allem: wie sie sich verkaufen können. Das lässt auf eine hohe Wahlbeteiligung am 26. November hoffen. Moderiert wurde der Anlass charmant und gekonnt von Martina Eggenberger-Lenz und Urs Brüschweiler von der Thurgauer Zeitung.
Die Bühne wurde zunächst für eine Vorstellungsrunde benutzt, um die Kandidaten hernach in fünf Themenbereichen zu Wort kommen zu lassen. Obwohl die Bewerber auf das Amt aus unterschiedlichen politischen Lagern kommen, war ihre Meinung zu den Kreuzlinger Begebenheiten oft sehr ähnlich.
Alle wollen die Schwimmhalle
So stellte sich keiner gegen den Ausbau und die Erweiterung des Thermalbads Egelsee, auch nicht der damalige Gegner Alexander Salzmann. Heute haben den FDP-Kandidaten unter anderem die Beteiligung der Nachbargemeinden sowie der Fokus auf Freizeit und Familie statt auf Sport überzeugt. SVP-Kandidat David Blatter äusserte Bedauern über die Ablehnung vor zwei Jahren. Heute bekäme man weniger, aber auch dahinter könne er stehen. CVP-Kandidat Ernst Zülle erinnerte an die Kosten als Grund der zurückliegenden Ablehnung. Er bedauert, dass aktuell keine Fördergelder vom Bund möglich sind. Für SP-Kandidatin Edith Wohlfender ist die Schwimmhalle eines von mehreren Kreuzlinger Angeboten, welche die Stadt attraktiv machen. Sie wies vor allem auf die ökologische Verbesserung des neuen Projekts hin. Thomas Niederberger erwähnte die Bedeutung des Egelsees auch als Schulbad und sieht in den niedrigeren Betriebskosten einen Riesenvorteil. Jörg Stehrenberger nutzte die Gelegenheit für eine Kritik am damaligen Stadtrat, der zu halbherzig für die Sache eingestanden sei. Er prophezeite, die aktuelle Abstimmung werde mit einer knappen Zusage enden, und bat die Anwesenden um ihre Ja-Stimme.
Zankapfel beim Schwimmbad ist nach wie vor die Streichung der Sauna. Stadtrat Zülle wies darauf hin, dass durchschnittlich zehn Personen pro Monat diese benutzen, sie die Kosten aber in die Höhe treiben könnte und damit die Gefahr der Ablehnung an der Urne. Für Stehrenberger ist dennoch klar: «Die Sauna muss wieder ins Projekt aufgenommen werden, will man den Volkswillen nicht mit Füssen treten.» Dies könne aber sowieso erst nach der Abstimmung, bei der Detailplanung, geschehen, warf Stadtschreiber Niederberger ein. Für alt Stadtrat Blatter ist klar, dass ein Saunabetrieb keine Aufgabe der Öffentlichen Hand oder der Schule ist.
Zufrieden mit den Finanzen
Die Kreuzlinger Finanzlage sehen alle Kandidaten als gesund und ausreichend an, um die geplanten Investitionen tätigen zu können. Eine Steuersenkung sieht deswegen keiner am Horizont. «Bauen bringt Gegenwert», brachte Zülle noch einen wichtigen Punkt ins Spiel. Von den Investitionen der Öffentlichen Hand profitiere auch die Wirtschaft, nannte Wohlfender ein weiteres Argument. Sie sprach sich gegen ein weit verbreitetes Vorurteil aus: «Es stimmt nicht, dass wir Sozialdemokraten das Geld immer mit vollen Händen ausgeben.» Blatter hingegen liess wissen, dass er dem im Finanzplan vorgesehenen Kulturzentrum kritisch gegenüber steht. Auch Stehrenberger findet, man könne «etwas abspecken, wenn es um den Speck geht». Für Salzmann («In der Vergangenheit wurden Steuern auf Vorrat eingezogen») ist neben der Ausgabenseite auch die Einnahmenseite von grosser Bedeutung, sprich: «Wirtschaftsförderung».
Eis oder Fernsehen?
Dann war die Bodensee-Arena Thema. Alle Teilnehmer des Podiums zeigten sich der angepeilten Kompromisslösung aus Eis und TV zugetan. Niederberger brachte es auf den Punkt, wenn er sagte: «Es darf dabei aber keine Verschlechterung der Situation gegenüber dem heutigen Zustand entstehen.» Trotz Wille zum Kompromiss überwiegt bei Stehrenberger die Sympathie für den Sport, während Salzmann den Werbevorteil der Fernsehshows für Kreuzlingen hervorhob. Damit geht auch Blatter d’accord, der das Team der Bodensee-Arena lobte. «Das Fernsehen hat uns unter Druck gesetzt», kritiserte hingegen Zülle. Und: «Es ist nicht unsere Aufgabe, das TV zu subventionieren. Wir werden schauen, dass die Verträge uns keinen finanziellen Nachteil bringen.»
Einkaufstourismus: was tun?
Um die Frage nach der Eindämmung des Einkaufstourismus’ zu beantworten, hatten die Kandidaten 20 Sekunden Zeit. Aufmerksamkeit generierte dabei Salzmann mit seiner breitbeinigen Meinung, die Einkaufstouristen müsste man mit Parkgebühren schröpfen. «Machen wir das beste aus der Situation!», sagte er. Niederberger sieht hingegen in der Stärkung des Kreuzlinger Zentrums eine zielführende Anstrengung, während Zülle weiterhin von einem Steg zwischen Helvetiaplatz und Klein Venedig träumt.
Auf seinen Führungsstil angesprochen, will Niederberger «motivierend und kooperierend alle dazu bringen, an einem Strick zu ziehen». Schon heute sei der Teamgeist in der Verwaltung sehr gut, findet er. Wohlfender will die Möglichkeiten für Frauen erhöhen, nach vorne zu kommen, während Blatter «gegen Quoten» ist. «Respekt, Respekt und nochmals Respekt», lautet Stehrenbergers Formel, um das Vertrauen der Mitarbeitenden zu gewinnen.
Ausländerbeirat stärken
Im anschliessenden Publikumsteil war das Ausländerwahlrecht beherrschendes Thema. Die Einführung auf lokaler Ebene würden Niederberger, Stehrenberger und Wohlfender begrüssen. «Wer hier Steuern zahlt, soll wählen dürfen», sagte Stehrenberger. Für Blatter und Salzmann steht fest: Wer mitentscheiden will, soll sich einbürgern lassen. Zülle zeigte sich «zweigespalten», sieht aber genauso wie die anderen Kandidaten im Ausländerbeirat eine wirkungsvolle Möglichkeit zur Mitsprache. Fazit: Die Rolle dieses Gremiums zu stärken, wäre wünschenswert. «Wir müssen Möglichkeiten finden, die Einflussnahme der Ausländer auf lokaler Ebene zu stärken, denn im Grossen Rat hat dieses Anliegen keine Chance», erklärte Wohlfender.
Kreuzlingen quo vadis?
«Wie gross wird Kreuzlingen im Jahre 2030 sein, wenn es nach den Kandidaten geht?», durfte Klemenz Somm die letzte Publikumsfrage stellen. Die Ortsplanungsrevision geht von rund 25’000 Einwohnern aus, informierte Zülle. Wichtig in dieser Hinsicht sei es, die Lebensqualität, Grün- und Freiflächen zu erhalten, befanden Wohlfender und Niederberger. Applaus gab’s für Salzmanns Statement, man müsse Platz für qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen. Blatter hingegen sieht es als seine Aufgabe an, die «Probleme, die der Wachstum mit sich bringt», zu lösen.
Pingback: Kreuzlinger Zeitung, 01.11.2017 | Edith Wohlfender