«Die PHTG braucht den Erweiterungsbau»
Kreuzlingen – Ständerätin Brigitte Häberli-Koller ist Mitglied des Hochschulrates der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG), ist Präsidentin der ständerätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur und war in den ersten fünf Jahren Präsidentin des Fördervereins der PHTG. Wir haben ihr einige, auch kritische Fragen zur bevorstehenden Abstimmung über den Erweiterungsbau der PHTG gestellt.

Ständerätin Brigitte Häberli-Koller bei der Standaktion für den Erweiterungsbau der PHTG im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern. (Bild:zvg)
Sie sind seit fünf Jahren Mitglied des Hochschulrates der PHTG, der sich ja schwergewichtig auch mit strategischen Fragen befasst. Wohin steuert die PHTG?
Zunächst möchte ich festhalten, dass sich die PHTG in den 14 Jahren ihres Bestehens ausgezeichnet entwickelt hat. Das ist insofern nicht ganz selbstverständlich, als der Kanton Thurgau mit der Gründung der PHTG Neuland betreten hat: Sie ist nämlich die erste und einzige Hochschule in unserem Kanton. Richtigerweise hat man mit den beiden Studiengängen für die Stufen Kindergarten und Primarschule begonnen, für die wir im Thurgau an den früheren Seminaren schon vorher ausgebildet haben. Dann folgte Schritt für Schritt der Auf- und Ausbau mit drei weiteren Studiengängen, so dass die PHTG im Thurgau und für den Thurgau jetzt für alle Stufen ausbilden kann. Seit 2013 ist der Vollausbau mit fünf Studiengängen erreicht. Und seither ist auch die Zahl der Studierenden immer zwischen 700 und 800.
Und wie geht es weiter?
Die aktuelle Strategie für die PHTG ist klar auf Konsolidierung und Qualitätssicherung ausgerichtet. Es wird also in Zukunft weder mehr Studiengänge noch wesentlich mehr Studierende geben. Oder mit anderen Worten: Mit dem Erweiterungsbau, über den wir jetzt abstimmen, hat die PHTG auf lange Sicht eine ausreichende und optimale Infrastruktur. Es ist eine notwendige Investition in die Zukunft, von der wieder Generationen profitieren werden.
In Ihrer Funktion als Präsidentin der ständerätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-SR) haben Sie auch die gesamte schweizerische Hochschullandschaft im Blick. Wo steht die PHTG im Vergleich?
Die PHTG hat sich auch in der schweizerischen Hochschullandschaft bestens positioniert und etabliert. Sie ist als siebtgrösste unter den insgesamt 16 Pädagogischen Hochschulen (PH) in der Schweiz die grösste der kleineren. Und sie verfügt in der Ostschweiz über das umfassendste Ausbildungsangebot. Auch im Bereich der Berufseinführung, der Weiterbildung und der Forschung, die alle zwingend zum Auftrag einer PH gehören, geniesst sie schweizweit einen hervorragenden Ruf. Ein Alleinstellungsmerkmal bildet die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Universität Konstanz. Dank dieser engen Kooperation ist es überhaupt möglich, dass die PHTG auch Lehrerinnen und Lehrer für Sekundarschulen und Gymnasien ausbilden kann. Und diese Zusammenarbeit trägt überdies zur Attraktivität der PHTG für Studierende und Dozierende bei, was ebenfalls wichtig ist.
Steht die PHTG denn in einem Wettbewerb?
Ja, das ist so. Die Studierenden – auch jene aus dem Thurgau – können nämlich frei wählen, an welcher PH sie studieren wollen, und da die Abschlüsse gesamtschweizerisch anerkannt sind, können sie nach der Ausbildung in der ganzen Schweiz unterrichten. Darum sind gute Arbeits- und Studienbedingungen wichtig. Auch darum braucht es den Erweiterungsbau.
Auf einen weiteren wichtigen Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang hinweisen. Wie alle anderen Hochschulen in der Schweiz, also auch die Universitäten und Fachhochschulen, müssen sich die Pädagogischen Hochschulen auf Grund der neuen Hochschulgesetzgebung in den kommenden Jahren einem Akkreditierungsverfahren stellen, das unter anderem darüber entscheidet, ob sie weiterhin als Hochschule anerkannt sind. Dafür braucht die PHTG gute Voraussetzungen – auch bezüglich Infrastruktur.
Sie haben sich von Anfang an bereits als Gründungspräsidentin des Fördervereins für die PHTG eingesetzt. Die Lehrerinnen- und Lehrerbildung scheint Ihnen ein wichtiges Anliegen zu sein.
Unbedingt. Eine gute Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist ein, wenn nicht der Schlüsselfaktor für eine gute Schule und eine gute Bildung – und damit auch für unsere Gesellschaft und für unsere Wirtschaft. Das haben bereits unsere Vorfahren erkannt, als der damals noch junge Kanton Thurgau 1833 als einer der ersten in Kreuzlingen ein Lehrerseminar gründete. Der Thurgau kann in diesem Bereich also mit Stolz auf eine 184-jährige Tradition zurückblicken. Und das Wichtigste: Dank der eigenen Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist es uns im Thurgau immer recht gut gelungen, genügend gut qualifizierte Lehrpersonen auszubilden. Das ist auch in Zukunft unser oberstes Ziel.
Ausbilden ist gut, aber wie sieht es denn mit der Berufstreue aus?
Wir können erfreut feststellen, dass die PHTG Lehrerinnen und Lehrer ausbildet, die ihren Beruf mit Freude und Zufriedenheit ausüben und ihm treu bleiben. So sind gemäss den Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BfS) fast 90 Prozent der Absolventinnen und Absolventen der PHTG auch fünf Jahre nach dem Abschluss noch im Lehrberuf tätig, und zwar mit einem Pensum von über 85 Prozent. Und auch nach zehn Jahren – die ersten Studierenden der PHTG schlossen 2006 ab – sind gemäss eigenen Untersuchungen über 80 Prozent ihrem Beruf immer noch treu geblieben. Das sind nicht Behauptungen, sondern Fakten, die zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Den wollen wir auch in die Zukunft weiter gehen.
So weit, so gut. Aber sind die 26,88 Mio. Franken für den Erweiterungsbau nicht etwas viel?
Sicher erscheint das Kreditbegehren für den Erweiterungsbau, über den wir am 26. November abstimmen werden, auf den ersten Blick recht hoch. Bei genauerem Hinsehen stellen wir aber fest, dass die Kosten gerechtfertigt sind. Im Gegensatz zu früheren Bauten war ein Landabtausch mit der Schulgemeinde Kreuzlingen nötig, um an diesem betrieblich und städtebaulich idealen Standort überhaupt bauen und damit praktisch die letzte Baulücke auf dem Campus nutzen zu können. Fachleute nennen das verdichtetes Bauen. Weitere Mehraufwendungen entstehen – wie oft in Seenähe – durch den schwierigen Baugrund, durch aufwendigere Vorbereitungsarbeiten in einer bereits überbauten Umgebung und wegen der Rücksicht auf teils denkmalgeschützte benachbarte Gebäude wie Kloster und Basilika. Aber wie erwähnt: Es gibt zu diesem Standort keine sinnvolle Alternative.
Das sind die standortbedingten Mehrkosten. Wie steht es mit den reinen Gebäudekosten?
Die reinen Gebäudekosten belaufen sich auf 20,22 Mio. Franken, was einen Preis von 857 Franken pro Kubikmeter ergibt. Das ist sogar weniger, als beispielsweise der 2017 eingeweihte Schulhausneubau in St. Margarethen TG pro Kubik gekostet hat. Und das, obwohl im Erweiterungsbau der PHTG auch Spezialräume wie eine Ausbildungsküche mit den notwendigen Nebenräumen eingeplant werden musste, um künftig auch für den Bereich Hauswirtschaft und damit nicht nur alle Stufen, sondern auch für alle Fächer ausbilden zu können.
Der Erweiterungsbau ist nicht ein «teurer Bildungstempel», wie von einzelnen Gegnern plakativ behauptet wird, sondern ein zweckmässiges Gebäude am idealen Standort, in der massgeschneiderten Grösse und zu einem vernünftigen Preis, der sich im Rahmen vergleichbarer Bauten hält. Zudem werden die Mittel in das eigene Eigentum investiert, und sie kommen über Aufträge zum grössten Teil der Thurgauer Wirtschaft zugute.
Mit einem Ja zu diesem Kredit schaffen wir die Voraussetzungen, dass wir die Erfolgsgeschichte der Thurgauer Lehrerinnen- und Lehrerbildung und der PHTG fortschreiben können