Wenn die Initiative zustande kommt …
Kreuzlingen – Alt Stadtammann Emil Heeb über das Dilemma mit der Initiative der «Freunde der Festweise.»
Kommt die Initiative zustande, ist sie dem Gemeinderat vorzulegen und dann der Volksabstimmung zu unterbreiten. Wird sie angenommen ist das genehmigte Stadthaus nicht mehr realisierbar. Die Wiedererwägung eines Entscheides ist grundsätzlich zulässig.
Ich begreife den Stolz über die knappe Mehrheit nicht: Niemand war gegen den Bau eines neuen Stadthauses. Lediglich drei Leserbriefschreiber bemängelten den Bau und den Standort. Andrerseits:
- Sehr ausführliche gute Orientierung des Stadtrates mit einem Modell , das naturgemäss verniedlicht. Fehlerhafte Ausführungen mit denen begründet wurde, warum die Alternative Marktstrasse nicht geprüft wurde.
- Massive Propaganda der Befürworter mit einer reichen Broschüre an alle Haushaltungen, viele Inserate und organisierte Leserbriefe. Kosten vermutlich mehrere 10’000 Franken.
- Für viele Stimmende dürfte nicht das Stadthaus, sondern die freie Sicht zur Klosterkirche für ein Ja entscheidend gewesen sein. Wahrscheinlich auch für die Wettbewerbskommission.
Sehr geehrter Herr Alt Stadtamman Emil Heeb! (heute könnte man, bei gleichen Pflichten, sogar „Alt Stadtpräsident“ schreiben…..!).
Es ist schön, dass Sie sich noch immer einmischen, wenn es um Angelegenheiten der Stadt geht. Es stimmt schon, dass damals vor der Abstimmung eine – ich sage mal – „mentale Überschüttung“ (Sie schreiben: „Massive Propaganda der Befürworter“) über die zur Abstimmung Berufenen hinweg gegangen ist. Nun, besonders auch eine Behörde hat selbstverständlich das zu verteidigen, was sie erabeitet hat und den Abstimmenden nun vorzulegen gedenkt. Wie das zu geschehen hat, welche Mittel wie und wo eingesetzt werden, welchen Ehrgeiz sich Behörden erlauben dürfen, welchen nicht, – darüber gibt es wohl keine genaueren Vorgaben (vielleicht vage Richtlinien). Ich erinnere mich nur, dass es 1962/63, als es um die Vermeidung der von der Stadt angepeilten Hochhaus-Siedlung (!) zwischen Promenadenstrasse und Schloss Seeburg ging (Initiative „Retet den Seeburgpark“), ganz ähnlich verlief („Massive….“ usw.). Das nützte damals allerdings wenig, obwohl sämtliche Parteien für eine Überbauung votierten. So kann es halt in der Politik auch mal gehen – in einer demokratisch organisierten!
Dass es beim „Stadthaus auf der Festwiese“ aus den Reihen der Gegnerschaft nur marginale „Gegenpropaganda“ gegeben haben soll, könnte ich so nicht ganz bestätigen, Herr Heeb, obwohl das politische Engagement der befürwortenden Stellen (besonders Behörden, Parteien) schon sehr massiv für diesen Bau organisiert war. Was mich betrifft, so habe ich mich bereits bei der ersten Idee, das Stadthaus könnte sogar im Dreispitzpark erstellt werden (!), eindeutig gegen jede bauliche Massnahme gewandt, soweit es diesen letzten, historisch freien Bereich der Stadtmitte betrifft – genauer: Dreispitzpark und Festwiese. Meine Argumentationslinie dazu war breit gefächert und soll hier nicht wiederholt sein.
Wie bei der beschriebenen „Seeburg-Geschichte“ ist es zum Glück jederzeit möglich (obwohl dort die demokratisch zu berücksichtigende Ausgangslage eine andere war), Initiative da zu ergreifen, wo sich vielleicht eine (demokratische) Mehrheit finden lassen könnte, um eine beschreibbare Fehlentwicklung innerhalb einer Stadt zu vermeiden, um sich so (in der Vorstellung Beteiligter) zugunsten der Stadt zu agieren – und nicht per se gegen sie. Dass solche Initiativen besonders bei Überbauungen nicht unüblich sind (und oft erfolgreich), ist bekannt. Sie berühren in der Regel eine „einfache ästhetische Empfindung“ und können deswegen oft erfolgreich sein, weil im Rahmen solcher Initiativen vieles transparenter gemacht werden kann, was in einer „euphorisch zentrierten Phase einer Projektvorstellung“ – bewusst oder unbewusst – nicht das Tageslicht erreicht. Ihnen, Herr Emil Heeb, meine besten Grüsse!