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Mit Widerwillen zur Maturaprüfung

Güttingen – Das ungleiche Vorgehen der Kantone, in Bezug auf die Maturaprüfung, sorgt bei den Abschlussjahrgängen für Unmut. In manchen Kantonen bekommt man die Matura quasi «geschenkt» und im Thurgau muss man dafür Büffeln. Lorin Bächi hat sich mit seinen Mitschülern gegen den Entscheid gewehrt.

Lorin Bächi muss sich alleine durch den Maturaprüfungs-Stoff kämpfen. (Bild: Andrea Vieira)

«Es macht für mich keinen Sinn und es ist keine faire Lösung», sagt Lorin Bächi verärgert. Der Bund hat es den Kantonen überlassen, ob und wie sie die Maturaprüfung 2020 durchführen wollen. Die Verantwortlichen aus den Kantonen Thurgau und Glarus ziehen die schriftliche wie die mündliche Prüfung durch. In St. Gallen, Graubünden und beiden Appenzell hingegen, verzichtet man auf die mündliche Prüfung. In manchen Kantonen können die Kantischüler sogar ihre grauen Zellen bereits jetzt in die Ferien schicken, weil die Prüfungen ins Wasser fallen. Die Lehrer bewerten diese Schüler anhand der Erfahrungsnoten. Ob mit oder ohne Prüfung – stimmen die Noten, erhält jeder einen gleichwertigen Maturaabschluss, jedoch ohne dieselben Voraussetzungen gehabt zu haben.

Schlechte Basis zum Lernen
Der 19-jährige Bächi aus Güttingen gehört zu den Unglücklichen, die am 10. Juni zum fünftägigen Prüfungsmarathon in der Kanti Kreuzlingen antreten müssen. Die Vorbereitung läuft jedoch harzig: «Ich muss alles selbst repetieren und zu Hause ist es schwieriger, sich zu konzentrieren.» Denn am 11. Mai hiess es nur für die Schüler der obligatorischen Schulen zurück auf die Schulbank. Die weiterführenden Schulen dürfen erst am 8. Juni ihre Schüler wieder empfangen. Je nach Lehrer kommunizieren sie per Mail oder Videochat miteinander. «In Mathe ist es zum Beispiel für mich schwierig, meine Frage bei einem Problem in einem Mail zu formulieren. Durch das ewige Hin und Her vergeht ausserdem viel Zeit, die ich besser nutzen könnte», sagt Bächi betrübt über das Lernen ohne Schule. Er ist sich sicher, hätte der Unterricht stattgefunden, wäre er besser auf die Maturaprüfung vorbereitet. «Ich denke aber, dass ich bestehe», sagt der 19-Jährige mit leiser Stimme.

Die Gegenwehr hat nichts gebracht
«Man hat nicht auf die Meinung der Schüler geachtet», sagt Bächi. Er hat nicht nur die Faust in der Hosentasche gemacht, sondern sich gegen den Entscheid des Kantons gewehrt. Eine Schülerin aus einer der vier Abschlussklassen habe eine Umfrage gestartet. Mit dem Ergebnis, dass 98 Prozent der Schüler mit der Durchführung der Maturaprüfung unzufrieden sind. Per Brief wendeten sich Bächi und seine Mitschüler an den Bundesrat und die Kantonsrätin Monika Knill. Darin brachten sie Argumente vor – etwa, dass sie sich ohne Präsenzunterricht schlecht auf die Prüfung vorbereiten können, sie sich benachteiligt gegenüber den Schülern fühlen, die keine Maturaprüfung ablegen müssen. Sie schlugen zudem vor das Prüfungsniveau an die Begebenheiten anzupassen. Die Antwort von Knill war für Bächi ernüchternd: «Sie schrieb einen Brief mit grossen Worten aber ohne Bedeutung. Sie hätte die Antwort auch lassen können.» Gegenüber den Medien hat sich die Kantonsrätin so geäussert, dass manche Schüler benachteiligt wären, wenn man nur die schriftliche Prüfung durchführen würde. Zudem seien die Verantwortlichen davon überzeugt, dass die mündliche Prüfung eine breitere Gewichtung habe. Bächi fühlt sich dadurch nicht nur veräppelt: «Wir werden uns selbst überlassen und ich fühle mich mit dieser Situation nicht wohl.»

Wie die Prüfungen mit den Corona-Vorschriften aussehen, haben die angehenden Maturanden vergangene Woche erfahren. Sie findet im evangelischen Kirchgemeindehaus in Kreuzlingen statt. Dort können die Prüflinge mit einem Mindestabstand von zwei Metern voneinander sitzen.

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