«Schlussstein» im Rat
Kreuzlingen – Die Volksinitiative «zur Freihaltung der Festwiese beim Bärenplatz» wird nächsten Donnerstag im Gemeinderat diskutiert. Der Stadtrat empfiehlt Ablehnung und erwartet eine angeregte Diskussion.
«Nachdem die erste Vorlage am 11. Juni dieses Jahres wegen offener Fragen an den Stadtrat zurückgewiesen wurde, liegt nun die Überarbeitete Botschaft vor», erklärte Stadtpräsident Thomas Niederberger anlässlich der gestrigen Medienkonferenz. Für die Rückweisung miteintscheidend sei gewesen, dass das Verwaltungsgericht keinen zwingenden Grund für die Überlange des Neubaus gesehen und die vom Kanton genehmigte Ausnahmegenemigung deswegen abgelehnt habe.
Auftrag: Alternativer Standort
«Das Gericht hat aber nicht den Standort abgelehnt», machte Niederberger deutlich. Die Initiative fordere den Stadtrat und Gemeinderat auf, einen anderen Standort als die Festwiese beim Bärenplatz zum Schaffen von neuen, zweckdienlichen Räumen für die Stadtverwaltung oder zur Erweiterung des bestehenden Stadthauses auszuarbeiten oder zur Abstimmung zu bringen.
«Damit zielt die Initiative darauf ab, dass eine neue Variante auszuarbeiten ist, damit das an der Volksabstimmung vom 27. November 2016 beschlossene Bauprojekt widerrufen werden kann», sagte Niederberger. Ein Ja zur Initiative heisse aber nicht, dass die Festwiese nicht doch überbaut werden könne. Der Auftrag sei einzig, einen alternativen Standort für den Verwaltungsneubau zu suchen.
Warten auf neue Ortsplanung
Für Stadtrat Ernst Zülle ist der Initiativtext daher «irreführend». Nach geltendem Baureglement gebe es Möglichkeiten, den Verwaltungseubau auf dem Standort zu realisieren. Das sei aber nicht das Ziel, denn «die Ortsplanungsrevision soll vor den Sommerferien in den Gemeinderat kommen. Mit dem neuen Instrument sind Gebäudelängen bis 180 Meter möglich». Und es gebe genug Beispiele, welche die 50 Meter Gebäudelänge nicht einhalten würden. Übrigens sei während der Vernehmlassung keine Anregung zur Freihaltung der Festwiese eingegangen.
Wenn die Stimmberechtigten der Initiative zustimmten, meinte Thomas Niederberger, beginne der Prozess für die Evalution eines alternativen Standortes von Neuem. Ein neues Projekt verlange dann auch eine weitere Volksabstimmung. Und das bestehende Projekt könne nur durch einen Volksentscheid abgeschrieben werden. Bei einer Ablehnung «gibt es die Weiterbearbeitung des bestehenden Projektes». Dies sei auch der Fall, wenn die vorliegende Initiative zur Freihaltung der Festwiese abgelehnt werde.
Kein fertiges Neuprojekt
Ernst Zülle erklärte, dass das bestehende Projekt durch die Kommission der eidgenössischen Denkmalpflege bei einem Rundgang im September, zusammen mit den Initianten, begutachtet worden sei, der Bericht sei im Dezember zu erwarten. Anders als die Initianten behaupteten, habe die Denkmalpflege von geplanten Projekten auf der Festwiese Kenntnis gehabt. «2012 empfahl die Denkmalpflege, wenn gebaut werden soll, gar den Standort entlang von Haupt- und Pestalozzistrasse. Und weil das neue Projekt nach Norden gerückt worden sei, habe der Rundgang stattgefunden, nicht «weil die Denkmalpflege keine Kenntnisse von Projekten hatte», sagte Ernst Zülle.
«Wir haben keine fixfertigen Projekte, die wir bei der Annahme der Initiative einfach aus der Schublade ziehen können», meinte Thomas Niederberger. Für den Standort Marktstrasse gebe es Studienarbeiten, finanzielle Mittel müssten erst durch die zuständigen Gremien genehmigt werden. Das selbe treffe auf die Projekte Gestaltung «Festwiese» und «Tiefgarage» zu.
Am kommenden Donnerstag wird die Initiative im Gemeinderat diskutiert. Der Stadtrat stellt dabei den Antrag, diese dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen. «Es ist auch möglich, dass der Gemeinderat einen Gegenvorschlag unterbreitet, auf alle Fälle erwarten wir uns eine lebhafte Diskussion», erklärte Thomas Niederberger.
Kurt Peter
Der „Schlussstein“ wurde zum „Stolperstein“. Wobei anzunehmen ist, dass der Stadtrat schon weiss, was ihn zum Stolpern brachte. Gleich mehrere solcher Stolperer sind im Projektverlauf geschaffen worden. Und ob sich diese alle aus dem Weg räumen lassen, ist kaum anzunehmen. Das Gesamtprojekt „Neues Stadthaus“ (oder „Erweiterung“) war von Beginn an „vermurkst“. Der grösste Mangel zeigte sich bereits im Unvermögen, dazu echte Alternativen aufzuzeigen und diese der Bevölkerung zu präsentieren (So gesehen stünde nun dem Gemeinderat „die Ehre zu“, entsprechend zu handeln).
Der weit herausragenste Stolperstein war – ist – und bleibt das Unvermögen des Stadtrates, auch nur den Gedanken zu entwickeln, den einmaligen Stadtraum offen zu lassen. Dieser Freiraum mit all seinen multiplen Möglichkeiten als Veranstaltungsort gehört längst zum historischen inneren Siedlungsbild in Verbindung mit der denkmalgeschützten Klosterkirche: Es ist „Kreuzlingen“! Warum sollte das denn so schwierig zu begreifen sein?
Dieses Projekt gefällt mir sehr gut. Es stärkt das Zentrum vom Bouleverad über das geplante Stadthaus zur ehemaligen Klosterkirche und runter zu den Schulen und Sportanlagen. Ich hoffe, der Gemeinderat gibt grünes Licht. Das neue Stadthaus mit den schönen Grünflächen davor würde unserem Kreuzlingen wunderbar anstehen – und zudem würde dieser Schandfleck eines Parkplatzes auch gleich verschwinden. Für mich eine ganz klare Aufwertung unseres Stadtzentrums, eine sicht- und spürbare städtische Weiterentwicklung. (Hoffentlich kriegen wir auch noch ein kleines, abgespecktes Parkhaus am Hafenbahnhof hin, womit gleichzeitig einige Parkplätze am See vorne aufgelöst werden könnten. Das wäre doch super.)
Sie mögen, Herr Marcel Freiberger, am Projekt Gefallen finden – o.k.! Nur kann der Gemeinderat gar kein „grünes Licht“ geben, da das Thurgauer Verwaltungsgericht den projektierten Baukörper gar nicht bewilligte, auch wenn der Kanton zuvor eine Ausnahmegenehmigung für dessen Überlänge (111 m) gab. So ist die Lage.
Der Gemeinderat kann übrigens – nach Niederberger – ablehnend oder zustimmend über die „Initiative“ befinden. Tatsächlich stünde man – nach seinen Aussagen – quasi wieder ziemlich bei null. Der sicherere Weg wäre daher, endlich den Rubikon zu überschreiten und das Baureglement („Ortsplanrevision“) so zu gestalten, dass auf dieser Fläche gar kein überirdisches Bauen möglich wäre. Die vielen Gründe dazu sind stadtbekannt. Wer packt es an?