Wenn das Geschriebene real wird
Region – Pandemic heisst das neuste Buch von Severin Schwendener. Der einzige mit zwei Zürcher Krimi-Preisen ausgezeichnete Autor thematisiert darin ein neuartiges Coronavirus mitten in einem politischen Konflikt zwischen den USA und Venezuela.
In Chicago wird ein neues Coronavirus entdeckt, an dem Menschen sterben. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC), eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums, holen einen weltbekannten Virologen, den in Zürich lehrenden Briten Jeremy Gordon. Er soll herausfinden, woher das Virus stammen könnte. Durch Genomanalysen kann er diese Frage beantworten. Das Virus stammt von Fledermäusen in den venezolanischen Anden. Gordon reist deshalb dahin und stellt vor Ort fest, dass das Virus im Labor verändert wurde. Drei mögliche Szenarien stehen im Raum: Ein versuchter Bioanschlag auf den Staatspräsidenten Nicolás Maduro, die Opposition will eine militärische Intervention der USA provozieren oder Maduro betreibt neuerdings Bioterror in den USA. Ein zweiter Experte stellt gleichzeitig eine ganz andere These in Chicago auf.
«Das Virus ist zwar titelgebend, aber es geht nicht nur um eine Pandemie. In gewisser Weise ist es ein politischer Krimi, der die politische Situation in Venezuela thematisiert. Das Virus ist der Spannungs- und Taktgeber in dieser Geschichte», erklärt der Autor Severin Schwendener. Natürlich sei es am Schluss ganz anders gewesen, als alle vermutet hätten.
Von der Fiktion zur Wirklichkeit
Die ersten Ideen für Pandemic entwickelte der Autor, mit Jahrgang 1983, bereits zwischen 2013 und 2014. Ein Jahr später stand der Plot fest. Von 2016 bis 2017 schrieb er an der Geschichte. Da im Folgejahr ein weiterer Zürcher Krimi herauskam, verschob es das Projekt nach hinten. Das Lektorat fand dann mitten in der realen Pandemie statt. Doch woher kommt die Idee zu diesem Thema? «Aufgrund meiner Arbeit beim Kanton Zürich, im Bereich Biosicherheit, habe ich den Ausbruch des MERS-Coronavirus auf der arabischen Halbinsel näher verfolgt. Daraus entstand der Gedanke, ein Buch über eine drohende Pandemie zu schreiben», sagt der aus Lengwil stammende Schwendener. Anfangs habe er erwogen, den Krimi während der Spanischen Grippe 1918 anzusiedeln. Dies habe er aber schnell wieder verworfen und den Plot in die Gegenwart verschoben. «Dadurch war es mir möglich weitere Themen wie etwa die politische Situation in Venezuela einzubringen.» Für den biologischen Teil nutzte er sein Wissen über MERS und die eigenen Studien im Labor der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH). Wie alle seine Bücher für Erwachsene ist es beim Verlag Edition 8 in Zürich erschienen.
Schreiben – wesentlicher Lebensbestandteil
«Lange war das Schreiben ein Hobby. Mittlerweile ist es zu meinem Nebenberuf geworden. Gerade auch wegen den Lesungen an Schulen», sagt der Autor. Das Verfassen von Büchern sei dennoch weiterhin ein Handwerk, das er gerne mache. Deshalb ist er auch jetzt fleissig am Recherchieren, Tüfteln und Schreiben. Das nächste Buch werde wieder ein Zürcher Krimi. Das ist somit der vierte Band der Reihe. «Im Herbst erscheint ein neues Jugendbuch beim dabux Verlag. Es wird in Kreuzlingen spielen – in der Zukunft.»
MERS-CoV
Beim Middle East respiratory syndrome-related coronavirus, kurz MERS, welches Severin Schwendener näher verfolgt hat, darf nicht mit SARS-CoV-2, dem Coronavirus der derzeitigen Pandemie, verwechselt werden. Das beim Menschen eine schwere Infektion der Atemwege, Lungenentzündung und Nierenversagen auslösende MERS wurde das erste Mal 2012 auf der arabischen Halbinsel identifiziert. Es endet oft tödlich. Zwischen Menschen wird es nur schwer übertragen. Fledertiere sind wahrscheinlich der primäre Wirtsorganismus. Bis jetzt besteht keine erprobte Therapie.Lebenslauf
Severin Schwendener stammt aus Lengwil und ist 1983 geboren. Die Sekundar- und Kantonsschule besuchte er in Kreuzlingen. Danach studierte er Biologie. Während fünf Jahren arbeitete er in Labors der ETH, auch mit Viren, die verändert wurden, um sie als Genfähren einzusetzen. Seit 2011 ist er beim Kanton Zürich im Bereich Biosicherheit angestellt. Sein erstes Buch erschien 2006. Seither veröffentlichte Schwendener noch drei Zürcher Krimis, drei Jugendbücher und nun Pandemic. Zwei seiner Zürcher Krimis haben den Zürcher Krimipreis gewonnen. Er war nicht nur der jüngste Empfänger des Preises, sondern bislang auch der Einzige, der zweimal gewonnen hat.