Kunst auf Eiern
Kreuzlingen – Spätestens Ostern sollte ein Grund sein, die Leinwand und das Papier gegen Hühner- oder Gänseeier auszutauschen. Gisela Beier ist seit 1991 passionierte Eiermalerin. Ihre Kunstwerke sind jeweils am Kreuzlinger Ostermarkt zu bestaunen.
Das Verzieren von Eiern hat einen wesentlichen Unterschied zum klassischen Malen auf Leinwänden mit Keilrähmen – das Ei ist nicht flach. Gerade dieser Grund schreckt viele davor ab, ein Eierkunstmaler zu werden. Bei Gisela Beier war das nie der Fall. Sie malt bereits seit Kindesbein leidenschaftlich. Durch Besuche von Osterhandwerkermärkten kam sie zum anspruchsvollen Eiermalen. Nach dem Umzug nach Kreuzlingen besuchte sie 1991 den lokalen Ostermarkt und war von dessen damaliger Vielfalt rund um die Kunst mit und auf dem Ei begeistert: «Da war klar, dass ich das ausprobieren möchte. Schon ein Jahr später war ich mit 45 bemalten Eiern selbst als Ausstellerin dabei. Und das bis heute.»
Akkurate Wiedergabe der Natur
Selbst habe sie nie einen Kurs besucht. Ihr Motto sei «Learning by doing» gewesen. «Für Interessierte gab ich aber später Kurse, um mein angesammeltes Wissen weiterzugeben.» Sie bemale so gut wie jedes Ei, auch das von einem Strauss. «Für die Ausstellungen verwende ich aber hauptsächlich Hühner-, Gänse-, Truten- und Wachteleier», erzählt Beier. Abgesehen von den Wachteleier seien alle ohne Inhalt.
Die Inspiration für Motive finde sie in guten Tierfotos, in der Natur oder in der eigenen Bildersammlung. «Wichtig ist, dass ich eine genaue Vorlage habe, da ich sehr naturalistisch, ja fast wissenschaftlich male.» Beier bewundert die Motive der verstorbenen deutschen Kunstdesignerin Lore Hummel. Nebst ihrem Schaffen nehme sie auch die Appenzeller Malerei als Vorlage, die sie dann mit der Aquarelltechnik umsetze. «Es gab bereits einige Gänseeier, die ich mit Ansichten vom Bodensee verschönerte», berichtet Beier. Je nach Motiv und Grösse sitze sie bis zu sechs Stunden an einem Werk. Das fertige Ei lässt sich dafür sehen. Diese Meinung teilen auch Sammler, die sie anschreiben.
Wettbewerbe gäbe es nicht, sagt Beier: «An Osterkunsthanderwerkermärkten besteht aber unter den guten Ausstellern so etwas wie ein Kräftemessen.»
Nicht nur was für Profis
«Der Verzierung eines Eis sind keine Grenzen gesetzt, das ist das Faszinierende», findet Beier. Denn die Möglichkeiten würden nicht bei der Farbwahl enden. Es könne zum Beispiel mit Filzstift, Acryl oder Aquarell gearbeitet und mit Gips, Perlen oder Gehäkeltem verziert werden. Auch kleben, bohren oder tauchen seien Varianten, um ein Ei zum «Scheinen» zu bringen.
Sei man ein blutiger Anfänger, rate sie dazu mit bemalbaren Plastikeiern zu starten. Bestünde dann mit der Zeit ein gewisses Vertrauen, könne man zu den echten ausgeblasenen Eiern hinübergehen. «Zu Beginn würde ich mit einfachen Motiven wie Punkten, Strichen, Blumen oder abstrakten Hasen beginnen», empfiehlt die Expertin.
Aber alles der Reihe nach. Denn zuerst kommt selbstverständlich die Vorbereitung. Dazu braucht es Farben, Pinsel, Wasser und Papiertücher. Das Ei könne man entweder in die Handinnenfläche legen oder mit einem Holzstäbchen aufspiessen und oben und unten mit einem Korkstück fixieren. Wichtig sei, dass die Eier entfettet sind und eine glatte Oberfläche aufweisen. «Vor allem ein Muss beim Aquarellieren», so Beier. Zudem vereinfache das Vorzeichnen mit Bleistift die Arbeit. Das Ganze könne mit der Zeit für den Nacken ermüdend sein. Dagegen gäbe es einen Trick. Man soll ein Konfitürenverschluss mit einem Tüchlein auskleiden, erhöht hinstellen und das Ei hineinlegen. Je nach Farbwahl, zum Beispiel bei Aquarell, müsse das Werk abschliessend mit einem speziellen Lack fixiert werden.
Es sei schön anzusehen, wie das Handwerk langsam wieder mehr Anerkennung erhalte, sagt Beier: «Als Organisatorin des hiesigen Ostermarktes, zusammen mit Nik Soltermann, hoffe ich diesen wieder neu beleben und im 2022 durchführen zu können.»
Nun steht einem dekorierten Heim nichts mehr im Weg.