Verhärtete Fronten
Tägerwilen – Gestern Mittag überreichte Thomas Schäfli die von der EVP Tägerwilen lancierte Petition «JA zur Post Tägerwilen – NEIN zum Abbau des Service Public!» Vertretern der Post. Die Petitionäre wollen damit aufzeigen, dass das Angebot der Post im Dorf geschätzt und genutzt wird. Die Gegenseite sieht das anders.

EVP Tägerwilen Präsident Thomas Schäfli (links) übergibt die Petition an Bruno Horat, Leiter Post Filialgebiet Schaffhausen/Thurgau. (Bild: Sandro Zoller)
«Wir haben uns hier versammelt um der Post mitzuteilen, warum wir über die Schliessung der Filiale im Dorf empört sind», sagte EVP Tägerwilen Präsident Thomas Schäfli gestern Mittag als Einleitung. Sie hätten sich übergangen gefühlt, als sie Ende Februar vom Vorhaben der Post erfuhren. Dass man sie nicht persönlich avisierte, sei komplett unverständlich. «Für die EVP war klar, dass etwas getan werden muss. Sehr schnell schlossen sich uns weitere Parteien an. Mit ihnen erarbeiteten wir das weitere Vorgehen, welches in einer Petition mündete», erklärte der EVP Tägerwilen Präsident. Da diese weit über Tägerwilen Anklang fand, sei das Ziel von 500 Unterschriften rasch weit überschritten worden. «Sogar Konstanzer haben unterschrieben.» Danach überreichte Schäfli die Petition mit 1567 Unterschriften an Bruno Horat, Leiter des Post-Filialgebiets Schaffhausen/Thurgau. «Wir sehen diese Petition auch als Wertschätzung gegenüber der Post und dessen Personal», sagte Thomas Schifferle, Spezialist Politik und Kommunikation Ostschweiz bei der Post AG.
Service Public werde nicht mehr wahrgenommen
«Viele schätzen die Post an diesem zentralen Standort», so Schäfli. Dies sei auch durch zahlreiche Leserbriefe in der Tägerwiler Post zu erkennen. Generell sei es ein grosses Anliegen, dass ein wachsender Ort eine richtige Poststelle habe. Deshalb werden sie nicht von ihrem Standpunkt abrücken.
Daraufhin rief einer der Versammelten: «Ich gehe regelmässig meinen Lottoschein bei der Post abgeben. Wo soll ich jetzt hingehen?» Schäfli fügte hinzu: «Es ist eine Schande, dass auf die Leute nicht zugegangen wurde und der Gemeinderat auch noch auf die Post gehört hat.» Dies sei alles andere als ein richtiger Service Public. Dieser müsse gerade auch während Corona hochgehalten werden. «Das ist nicht mehr die DNA der Post, welche wir an diesem Standort über Jahre schätzten.» Somit werde aus dem Motto « Einer für alle» neu «Alle für keinen». Denn Menschen mit einer körperlichen Einschränkung, Personen, die kein E-Banking nutzen oder mit der modernen Technik nicht zurechtkommen, seien durch die Schliessung benachteiligt.
«Das Plakat vor der Eingangstür ‹Die Post bei ihnen um die Ecke› ist ein Witz, da das ja nicht mehr stimmt», rief eine weitere Protestteilnehmerin in die Runde.
Die Zahlen der Post sprechen eine andere Sprache
«Tatsache ist, dass die Schaltergeschäfte in der Filiale Tägerwilen seit Jahren kontinuierlich zurückgehen. Unsere Kundschaft arbeitet vermehrt von Zuhause aus, sie braucht elektronische Kommunikationsmittel wie E-Mail und sie nutzt E-Banking», entgegnete Schifferle. Mit Blick auf die kommenden Herausforderungen für die Post wäre es unverantwortlich, dieser Entwicklung nicht zu begegnen. Jedes Unternehmen müsse reagieren, wenn die Kundschaft ihr Verhalten ändere. Von dieser Entwicklung sei auch die Filiale in Tägerwilen betroffen. Wichtig zu erwähnen sei, dass diese nicht ersatzlos geschlossen werde, sondern eine alternative Lösung mit der Migros gefunden wurde.
Die Post arbeite bereits an über 1200 Standorten in der ganzen Schweiz erfolgreich mit lokalen Partnern zusammen. «Wenn wir nach rund einem Jahr unter den Nutzern unseres Services an Kiosken oder bei Partnerunternehmen eine Umfrage starten, sind rund 80 Prozent zufrieden mit der Situation. Das sind nur drei Prozent weniger als bei Kunden einer Postfiliale», fügte Horat hinzu. Es sei ihnen bewusst, dass dies Anfangs ungewohnt und sich zuerst bei der Bevölkerung beweisen müsse.
Das Angebot besteht weiterhin
Das Angebot am neuen Standort decke die von Bevölkerung und Gewerbe täglich nachgefragten Postgeschäfte ab und mit wesentlich besseren Öffnungszeiten. «Doch zukünftig haben die Tägerwiler nicht mehr eine zentrale Anlaufstelle und brauchen deshalb eher das Auto», sagte der EVP Präsident. Denn gerade jetzt müsse der Umweltschutz miteinbezogen werden. Dies sei deshalb das falsche Signal. «Wir stehen seit 9 Uhr vor dieser Postfiliale und haben ein anderes Bild erhalten. Sehr viele Kunden sind mit dem Auto gekommen», konterte der Leiter des Filialgebiets Schaffhausen/Thurgau.
Gemäss den Vertetern der Post seien künftig Bareinzahlungen direkt an der Haustüre möglich. Die Registrierung dazu könne per Telefon, am Schalter oder online durchgeführt werden. «Wir bieten auch einen Stift an, der durch den betätigten Knopf dem Pöstler ein Signal übermittelt. Somit weiss er, dass er an der Tür klingeln muss», führte Fritz Roth, Spezialist Netzentwicklung aus. Eingeschriebene Sendungen und Pakete, die nicht zugestellt werden können, könnten künftig in der Filiale in der Migros abgeholt werden. Die meisten Dienstleistungen würden weiterhin angeboten. Nicht mehr möglich sei die Aufgabe von Expresssendungen ins Ausland oder die Aufgabe von Sperrgutpaketen sowie die Abholung einzelner Spezialsendungen wie Betreibungsurkunden.