Stabwechsel im Kreuzlinger Theater an der Grenze
Kreuzlingen Am 3. September startet das Theater an der Grenze in die neue Sasion. Zudem wird Schritt um Schritt das «Zepter» an Michael Goldbach übergeben.
«Alles hat seine Zeit», so begründen die beiden Programmleiter Birgit Auwärter und Simon Hungerbühler ihren schrittweisen Rückzug nach acht Jahren Visieren, Planen, Organisieren Einladen und Gastgeben. «Eigentlich wollte ich vor zwei Jahren schon kürzertreten», sagt Simon, «aber damals hörte gerade Fritz Brechbühl als Präsident auf. Zwei Abgänge wollte ich dem Theater nicht zumuten. Dann kam der Umzug aus der Theaterscheune ins Kult-X – auch das war kein guter Zeitpunkt, um den Verein allein zu lassen.» Der Abschied von der eigenen Bühne bestärkte auch Birgit in ihrem Entschluss: «Mein Herz hing am alten Gebäude. Jetzt im neuen Haus sollen neue Menschen neue Ideen umsetzen können.»
Nachfolger bereitet sich vor
Nach der Generalversammlung des Trägervereins im November soll Michael Goldbach aus Tägerwilen offiziell in ihre Fussstapfen treten. Er war die vergangenen vier Jahre im Helferkreis dabei und freut sich nun darauf, die Vielfalt der Schweizer Kleinkunstszene noch näher kennenzulernen. «Ich arbeite aber lieber im Team und suche deshalb noch einen Kollegen oder einer Kollegin, die die Aufgabe mit mir teilt.» Derzeit wird der 46-Jährige eingearbeitet. Die ersten Schritte bei der Programmierung hat er schon getan. Er hat für den 5. November die Gruppe «Pelati Delicati» verpflichtet, die ihre Version von Dantes «Divina Commedia» zeigen wird. «Ich selbst freue mich aber auch auf den Auftritt von Stefan Waghubinger am 15. Dezember», so Michael. «Ich mag die schnorrige Art des Kabarettisten.»
Volles Programm von September bis Dezember
Den Auftakt am 3. September bestreiten Rhaban Straumann und Elisabeth Hart, die das Lesetheater «Wollen Sie wippen» aufführen. Der Oltener (bekannt als Teil des Duos Strohmann-Kauz) und die Leipzigerin bringen die Geschichte einer Begegnung zwischen einer deutschen Frau und einem Schweizer Mann auf die Bühne im Kult-X. Eine Lesung der besonderen Art bietet am 17. September auch Ralf Schlatter. Er ist diesmal nicht als Teil von «schön&gut» unterwegs, sondern präsentiert seinen Roman «Muttertag» mit Worten, Tönen und einer Live-Video-Installation. Es geht um den Abschied eines Sohns von seiner Mutter. «Das ist inhaltlich berührend und formal höchst interessant», sagt Simon Hungerbühler. Thematisch – nicht stilistisch – verwandt ist Judith Bachs Solo-Kabarettprogramm «Endlich» am 11. November. Die plaudernde Pianistin lässt ihre Bühnenfigur «Claire» erleben, dass ausgerechnet am Grab der Grossmutter Geschichten lebendig werden.
Amüsantes Infotainment gibt es am 25. September mit dem «Kunscht Cabaret». Der Regisseur Fabrizio Pestilli und die drei Schauspieler Manuel Schunter, Kevin Blaser und Joe Fenner machen sich über die Kunstwelt lustig, und das auf Hochdeutsch, Schweizerdeutsch, Italienisch und Englisch. Am 2. Oktober leistet das Theater an der Grenze einen unterhaltsamen Beitrag zur Gender-Debatte: Melanie Dörig und Meinrad Koch singen Appenzeller Volkslieder und zanken in Innerrhoder Dialekt über Mann- und Frau-Sein.
Kindertheater gehört zum gerne erfüllten Leistungsauftrag des Theaters an der Grenze, obwohl oft Plätze im Zuschauerraum frei bleiben. Deshalb ermutigen die scheidenden und der kommende Programmleiter explizit Erwachsene, sich mit zeitgenössischem Kindertheater auseinanderzusetzen. Die nächste Chance gibt es am 3. Dezember mit «Search&Found». Zwei Suchassistenten (Liliane Weber und Christine Camenzind) helfen verlorene Dinge wiederzufinden.
Wiedertreffen kann man im Theater an der Grenze Susanne Odermatt. Nach «Countdown oder Das Ticken der Eieruhr» und «Das kleine Pony» zeigt sie nun am 29. Oktober ihr neues Stück «Die Deutschlehrerin». Simon Hungerbühler sagt: «Eigentlich wollen wir immer etwas Neues bieten und nehmen nicht automatisch Künstler, bloss weil sie mit dem nächsten Programm kommen. Aber bei den Kulturschaffenden aus der Region machen wir eine Ausnahme. Denen wollen wir gern Auftrittsmöglichkeiten bieten, um das lokale Kulturleben zu fördern.» Das hat für Birgit Auwärter einen angenehmen Nebeneffekt: «Für mich war es in den vergangenen acht Jahren immer wieder faszinierend zu beobachten, wie sich Künstler entwickelt haben. Daran Teil zu haben, das war schön.»
Näheres unter https://programm.theaterandergrenze.ch