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Heiko Grimm: «Wir haben noch Luft nach oben!»

Kreuzlingen – Der HSC Kreuzlingen ist in beiden Schweizer Topligen vertreten. Der sportliche Gesamtleiter Heiko Grimm zieht im Interview eine positive Zwischenbilanz.

Heiko Grimm übt seit dieser Saison die Doppelfunktion als Cheftrainer der QHL/NLA-Männer und als Sportlicher Gesamtleiter aus. (Bild: Felix Walker)

Der 45-jährige Handballer Heiko Grimm hat als Spieler (Vize-Weltmeister 2003 und Europameister 2004 mit Deutschland) als auch als Trainer (HC Kriens-Luzern/QHL und MT Melsungen/1. Bundesliga DE) schon viel erreicht. Sein Wechsel im Sommer 2021 zum HSC Kreuzlingen überraschte deshalb nicht wenige Handballkenner. Grimm meinte damals aber: «Die Aufgabe in Kreuzlingen reizt mich sehr. Ich habe im Verein grosse Begeisterung und viel Willen gespürt, sich sportlich weiterzuentwickeln und Grösseres zu erreichen. Zudem wollten meine Frau (eine Schweizerin, die Red.) und ich ohnehin zurück in die Schweiz kommen. Wir fühlen uns hier in jeder Hinsicht richtig wohl.»

Seit dem 1. Juni 2022 amtet der EHF Master Coach nicht nur als sportlicher Gesamtleiter des HSC Kreuzlingen, sondern gleichzeitig auch als Cheftrainer der Männer. Heiko Grimm hat Aufstiegstrainer Werner Bösch ersetzt, der im Sommer ein Angebot der TusSies Metzingen (1. Bundesliga Frauen) annnahm. «Für den HSCK ist Heiko Grimm mit seiner Erfahrung die absolute Wunschbesetzung für diese beiden zentralen Funktionen», betont Clubpräsident Patrick Müller bei jeder Gelegenheit. Und der ehemalige deutsche Weltklassespieler, der mit seiner Familie in Ermatingen wohnt, sieht bei den Kreuzlingern viel Potenzial, das noch längst nicht ausgereizt sei. Grimm zeigt sich überzeugt, dass sich der HSCK nicht nur bei den Frauen sondern mittelfristig auch bei den Männern in der nationalen Spitze etablieren kann. «Wir müssen auf unserem Weg einfach Geduld haben und Schritt um Schritt machen», betont Grimm.

In unserem Interview stellt sich Heiko Grimm den Fragen und äussert sich zum aktuellen Meisterschaftsverlauf, seinen Wünschen und zum geplanten Hallenbau.

Heiko, wie hast Du die Weihnachtstage verbracht?
Grimm: Wir haben mit unserem Kleinen die Familie meiner Frau in Zürich und meine in Deutschland besucht und sehr schöne Stunden genossen. Ich musste zwar viel Autofahren, dafür aber wenigstens nicht kochen (zwinkert und lacht).

Du hast in Deiner Handballkarriere sowohl als Spieler wie auch als Trainer schon einiges erlebt. Wie sind Deine bisherigen Eindrücke vom HSC Kreuzlingen?
Grimm: Für mich ist der HSC Kreuzlingen ein Verein wie aus dem Lehrbuch. Ganz viele Leute leisten hier ganz tolle Arbeit und setzen sich ein, um den Verein weiterzubringen.

Kommen wir zur aktuellen Saison. Erstmals überhaupt spielt der HSC Kreuzlingen bei den Männern auf höchstem Level. Man hat als Aufsteiger eine eigene Philosophie: Profis gibt es keine. Alle Spieler gehen einer geregelten Arbeit nach. Wie hat sich der Kreuzlinger Weg bisher bewährt?
Grimm: Natürlich hätte man als Trainer ein bis zwei Trainingseinheiten mehr zur Verfügung (aktuell sind es vier pro Woche, die Red.). Aber unsere finanziellen Möglichkeiten erlauben ganz einfach nicht mehr, da wir uns auch keine Profis leisten können. Aber wir jammen deshalb nicht, sondern versuchen das Beste aus den vorhandenen Ressourcen herauszuholen.

Momentan liegt der HSCK auf dem zehnten und letzten Tabellenplatz. Fünf Punkte aus 19 Spielen hören sich auf den ersten Blick eher bescheiden an. Wie lautet deine Zwischenbilanz?
Grimm: Sicher hätten wir gerne mehr Punkte auf dem Konto. Aber die höchste Spielklasse ist kein Wunschkonzert! Die Liga ist sehr ausgeglichen und wir schlagen uns bisher als Neuling zumindest sehr achtbar. Aber klar, wir wollen nicht nur das Lob des Gegners, sondern eben auch Erfolgserlebnisse in Form von Punkten.

Wenn wir etwas tiefer in die Analyse eintauchen sehen wir, dass deine Mannschaft in der Abwehr bisher einen absolut QHL-tauglichen Eindruck hinterlässt.
Grimm: Das ist so! Wir haben ein Abwehrsystem entwickelt und die Spieler halten sich an die taktischen Vorgaben. Welches System ist dabei nicht so wichtig. Entscheidend ist vielmehr, dass jeder sich auf den anderen verlassen kann und die Zahnrädchen ineinandergreifen.

Aber im Angriff erzielt der HSCK klar die wenigsten Tore aller QHL-Teams…
Grimm: Korrekt. Vor allem auch im Tempospiel haben wir noch viel Luft nach oben. Da arbeite ich mit der Mannschaft intensiv dran.

Wie wichtig war der Cupsieg über den Europacup-Viertelfinalist Wacker Thun, mit dem dein Team am 21. Dezember das Jahr abgeschlossen hat?
Grimm: Sehr wichtig! Erstens lässt es die freie Zeit freier geniessen und zweitens zeigt es uns zur richtigen Zeit, zu was wir fähig sind. Wir sind in der QHL defenitiv konkurrenzfähig. Doch wir müssen weiter hart arbeiten und täglich das Ziel haben uns zu verbessern. Nur so werden wir unser grosses Ziel, den Klassenerhalt, erreichen können.

Es verbleiben noch acht Partien in der Hauptrunde, mit der es nach der WM-Pause am 8. Februar weitergeht. Was erwartest Du vom Team?
Grimm: Dass wir immer unser Bestes geben und jede Möglichkeit nutzen um uns zu verbessern. Das hängt nicht zwingend mit den Resultaten zusammen.

Einiges deutet auf ein Playout-Duell «best of 5» zwischen dem HSC Kreuzlingen und dem RTV 1879 Basel hin…
Grimm: Das kann sein. Die Basler wären dann, aufgrund ihrer Erfahrung mit dieser Situation, auf dem Papier der Favorit. Aber wir sind diejenigen, welche nochmals Kräfte freimachen und so die Klasse halten werden. Davon bin ich überzeugt!

Der aktuelle Modus macht es für jeden Aufsteiger extrem schwer, den Klassenerhalt zu schaffen. Der Unterschied zwischen der Amateurliga NLB und der professionellen QHL ist riesig – vor allem auch in finanzieller Hinsicht. Was ist Deine Meinung dazu?
Grimm: Ich würde ganz klar mit zwölf statt wie heute mit zehn Mannschaften spielen. Das heisst, es kämen zwei Teams aus der Nationalliga B dazu und man hätte einen spannenden Kampf um den Klassenerhalt. In den letzten Jahren war es praktisch immer so, dass der Aufsteiger im nächsten Jahr gleich wieder abgestiegen ist, weil der Sprung – gerade auch in finanzieller Hinsicht – von der zweithöchsten in die höchste Spielklasse einfach gewaltig ist. In der NLB spielen eigentlich nur Amateure, wogegen in der QHL ein professioneller Betrieb aufgezogen wird. Die Saisonbudgets der etablierten QHL-Vereine betragen ein Mehrfaches! Auch wir in Kreuzlingen müssen in unserer ersten QHL-Spielzeit vergleichsweise kleine Brötchen backen. Deshalb ganz klar: Der Klassenerhalt wäre aus meiner Sicht der grössere Erfolg als unser erstmaliger Aufstieg in die höchste Spielklasse!

Der HSC Kreuzlingen ist neben GC Amicitia Zürich der einzige Club in der Schweiz, der sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen ein Team in der höchsten Spielklasse stellt. Das ist eine grosse Herausforderung – insbesondere für einen kleinen Verein wie den HSCK.
Grimm: Dies ist definitiv in allen Bereichen eine grosse Herausforderung. Dass wir das trotzdem stemmen können, erfüllt uns alle mit viel Stolz!

Wie bist Du mit dem bisherigen Abschneiden der SPL1-Frauen zufrieden? Nach einem überzeugenden Start mit 6:2 Punkten und einem Zwischentrief mit drei Niederlagen in Serie konnten sie sich zuletzt wieder stabilisieren. Aktuell liegen sie auf dem guten vierten Rang.
Grimm: Wie bereits erwähnt zählen nicht immer nur die Ergebnisse. Ich finde wir präsentieren uns unter dem neuen Führungsduo (Cheftrainerin Kristina Ert-Hug und Sportchef/Coach Urs Mühlethaler, die Red.) sehr gut und viel leistungsbereiter und fokussierter als noch in der vergangenen Saison. Das ist aus meiner Sicht eine sehr positive und wichtige Entwicklung und verspricht für die Zukunft einiges.

Wo siehst Du die Kreuzlinger SPL1-Frauen am Ende dieser Saison?
Grimm: Ich denke wir haben eine starke Mannschaft und deshalb ich bin sicher, dass das Potenzial vorhanden ist, um zum zweiten Mal ins Playoff-Halbfinal vorstossen zu können.

Ein grosses Problem in Kreuzlingen ist die fehlende Hallenkapazität. Mehr als vier Trainingseinheiten je Spitzenteam ist nicht möglich. Dazu soll auch der Nachwuchs optimal gefördert werden. Vor einigen Wochen ist publik geworden, dass es Pläne für den Bau einer neuen Halle gibt.
Grimm: Ja, das stimmt. Eine neue Halle ist ganz allgemein für die Sportstadt Kreuzlingen enorm wichtig. Also nicht nur für uns Handballerinnen und Handballer. Informelle Gespräche zeigen, dass es bei ganz vielen Institutionen wie der Schule oder bei Veranstaltern an dringend benötigter Hallenkapazitäten mangelt.

Wie wichtig ist die Realisation dieses Hallenprojekts für die Zukunft des HSCK?
Grimm: Langfristig gesehen sehr wichtig! Natürlich verspricht sich der Handball auch wirtschaftlichen Nutzen und Einnahmequellen davon. Ein weiterer ganz wichtiger Punkt es aber auch, dass wir unseren Nachwuchs viel besser fordern und fördern könnten. Um eine gute Nachwuchsarbeit zu betreiben, die sowohl den Breiten- als auch den Spitzensport bedient, benötigen wir zwingend eine bessere Infrastruktur. Deshalb hoffe ich, dass das Hallenprojekt bald realisiert werden kann.

Zum Abschluss: Was wünscht Du Dir für das neue Jahr?
Grimm: Vor allem einmal Gesundheit und Frieden auf dieser Welt. Und sportlich gesehen natürlich, dass wir unsere Mission «Ligaerhalt» bei den Männern und «Playoff-Halbfinal» bei den Frauen erreichen und dann zusammen ein schönes und fröhliches Saisonabschlussfest feiern dürfen!

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